Schon am Titel dieser Rudertour ist zu ersehen, dass wir mehrere unterschiedliche Gewässer für unsere Wanderfahrt auswählten, die wir nun zum vierten Mal mit unseren Kameraden aus Ratzeburg unternahmen - diesmal ohne die dänischen Ruderer aus Kopenhagen. Um es gleich vorweg zu sagen, uns Esslingern hat es rundum wieder sehr gut in Ratzeburg gefallen.
Die Teilnehmer aus Esslingen:
Fritz Baier, Albrecht Füssenhäuser, Heinz Kleemann, Peter + Fritz Luidhardt,
Wolfgang Mayer, Friedrich Schiller, Manfred Strutz
dazu die Begleitung (mit separatem Besichtigungs-Programm): Gisela Mayer, Annemarie
Schuh, Helga Strutz - liebevoll betreut von: Astrid Guhl, Margit Trelenberg
und Frau Hanke
Die Teilnehmer aus Ratzeburg:
Friedrich Guhl, Johannes Trelenberg, Horst Köster, Frank König, Wilfried Tille,
Jürgen Neels, Jochen Biel, Udo Wäsch
Im Vorfeld hatten sich der Esslinger Koordinator, Manfred Strutz, mit dem Fahrtleiter, Johannes Trelenberg, vom RRC über Termine, Strecke u.a. organi-satorisch abgestimmt. Die Ehepaare Strutz und Schiller/Schuh fuhren bereits 3 Wochen früher mit ihren Wohnwagen in Richtung Norden (Insel Sylt) in Urlaub. Sie treffen in Ratzeburg mit uns zusammen. Hier gesellt sich auch unser Ru-derkamerad Fritz Luidhardt, Sohn von Peter L., aus Hamburg hinzu. Die übrigen Esslinger reisen mit der Bahn auf sog. "Vieh-Schein" an. Die Anfahrt ver-läuft somit recht kurzweilig. Johannes T. holt uns vom Bahnhof Ratzeburg ab und fährt uns sogleich in die "Juhe" (DJH), unser Quartier für die nächsten 5 Nächte. Johannes nimmt die Betreuung so ernst, dass auch er dort nächtigt. In der Jugendherberge fühlt sich zunächst niemand für uns zuständig. So suchen wir ein Garten-Cafe beim Strandbad auf. Später beziehen wir die Betten (Albrecht erhält von Wolfgang dabei eine fürsorgliche Einweisung). Dann spa-zieren wir am Ufer des Küchensees entlang zum Bootshaus des Ratzeburger RC (RRC). Mit einigen Gastgebern steigen wir dort ins Ruderboot und umrun-den den Küchensee mit sog. "Spucknapf" und Stichkanal zum Ratzeburger See. Anschließend sind wir zum "Herrenabend" (mit kaltem Büfett) geladen. Wir lernen nun auch einige uns bisher unbekannte Gesichter kennen, die in den nächsten Tagen mit uns im Boot sitzen werden.
Tag | Strecke | km |
Schleusen
|
1. | Küchensee (Rundfahrt) | 10 |
-
|
2. | Lauenburg/Elbe, Elbe-Lübeck-Kanal, MöllnMittag: Fähre Siebeneichen | 36,5 |
2
|
3. | Mölln, Elbe-Lübeck-Kanal, LübeckMittag: Schleuse Krummesse | 31 |
5
|
4. | Lübeck, Unter-Trave, LübeckMittag: Stüpper-Huk | 34 |
-
|
5. | Lübeck: Stadtgraben und - Trave, Wakenitz, Ratzeburg Ratzeburger-, Küchensee,
Ratzeburg Mittag: Rothenhusen; Rast: Absalonshorst, Kalkhütte |
29,5 |
Düker
|
6. | Schaalsee (Rundfahrt v. Großzecher) - nur 3 RVE | 15 |
-
|
Boote: | Wilhelm Kalisch, Elsbeth, Milano (Riemen), Rügen (vom RRC); Ludw. Haukohl, Hans Nagel (von der LRG) |
Der Elbe - Lübeck - Kanal und die Kanal-Trave
Die erste offizielle Tagesetappe beginnt in Lauenburg an der Elbe. 3 Vierer
mit Stm. werden beim Lauenburger RC zu Wasser gelassen. Fiete G. hat dafür ei-nen
Besetzungsplan ausgearbeitet, der nur am ersten Tag Gültigkeit hat. Auf der
Elbe sind nur 2 km zu rudern. Noch in Lauenburg geht es auf den Elbe-Lübeck-Kanal.
Die Schleuse in Lauenburg wird zur Zeit repariert. Die Wartezeit vor der Schleuse
dauert daher länger als vorgesehen, so dass sich der Zeitplan nach hinten verschiebt.
In der vollen Schleuse rüttelt ein kräftiger Wasserschwall an unseren Booten,
so dass wir befürchten, zu viel Wasser überzunehmen. In der zweiten Schleuse
treibt ein Boot haltlos in der Schleuse herum, da ein Festhalten unmöglich ist.
Zur Überwindung des Höhenunterschiedes wurden 2 Schleusen zum Aufstieg und 5
Schleusen zum Abstieg von der Scheitelstrecke gebaut. Der Reiz dieser Landschaft
liegt in der Vielseitigkeit. Der Elbe-Lübeck-Kanal wurde in den Jahren 1895
bis 1900 gebaut, um vor allem den Hafen Lübeck an das Binnenschifffahrtsnetz
anzuschließen. Der Kanal hat keine nennenswerte natürliche Wasserläufe. Er wird
ausschließlich aus Regenwasser gespeist. In Zeiten geringer Niederschläge wird
das Schleusen auf das unbedingt Notwendige reduziert, d.h. es wird dann ausschließlich
Berufsschifffahrt geschleust. Dies kann für Ruderboote u. U. mehrere Stunden
dauern und muss eingeplant werden (trotz telefon. Anmeldung). Auf der gesamten
Kanalstrecke ist das Anlegen häufig schlecht möglich, da sich Pfähle unter Wasser
befinden. Alle Schleusen sind mit dem Auto für den Landdienst erreichbar. Der
Kanal führt durch landschaftlich schöne Gegend.
An der Siebeneichener Fähre wartet Peter Schulz und seine Frau
mit einem reichhaltigen und köstlichen Picknick. Die ersten Pogeschädigten geben
ihr Wehwehchen kund. Die Mannschaft wird zum Teil ausgewechselt. Die Ruderstrecke
führt an Büchen vorbei zum Möllner RC. Der Möllner RC liegt am Ende des Möllner
Sees (Ziegelsee). Mölln ist die Stadt von Till Eugenspiegel. Hier lagern wir
die Boote und fahren mit 2 Transportern nach Ratzeburg.
Nach dem Reinigungsritual im RRC gehen die Esslinger in ein Gartenlokal nach
Römitz. Auf dem nahen Campingplatz stehen die Wohnwagen von Man-fred Str. und
Fritz Sch. Fritz Sch. klagt an diesem Abend über erhöhte Temperatur und fällt
daher leider am nächsten Rudertag aus. Da es noch weitere Ausfälle gibt, lassen
wir einen Vierer in Mölln liegen. Da wir zügig durch die nächs-ten Schleusen
kommen, bestellen wir den Landdienst über Handy nach Krummesse. In der "Donnerschleuse"
übernehmen wir 2 sog. "Bugschweine", Enkelkinder von Horst Köster. Wir verlassen
den Elbe-Lübeck-Kanal und rudern auf der Kanal-Trave zur Lübecker RG. Hier lagern
wir die Boote und fahren zum großen Grillabend ins Clubhaus des RRC. Günter
Pilz und Frank König und seine Frau sind die Grillmeister. Manfred Schop liefert
das Fleisch an. Es gibt dazu leckere Salate, knuspriges Gebäck u.a.m. Hans-J.
Winter, der "Kreis-Ober-Sheriff", ist der unermüdliche Zapfmeister, der auf
viele Einzelwünsche eingeht. Zahlreiche weitere Gäste und unsere Damen finden
sich ebenso ein. Selbst der Präsident des RRC, Lingolf von Lingensheim mit seiner
Frau, lassen es sich nicht nehmen, dabei zu sein. Er und Manfred Strutz richten
ein paar Begrüßungsworte an die Anwesenden und Manfred überreicht dabei das
Gastgeschenk (Stich vom Boothaus in Esslingen) der Süddeutschen. Es ist eine
große muntere Gesellschaft.
Auf der Unter-Trave
Am Montag starten wir mit 2 D-Vierern und einem Zweiern (davon 2 von der LRG)
auf der Unter-Trave, vorbei an der Teerhofinsel, Bad Schwartau, Fischerdorf
Gothmund, Herrenbrücke, Schichauwerft (Breitling), früheren Hochofenwerk bis
zum Dummersdorfer Ufer (auf der Höhe vom Stülper Huk). Auf dieser wunderbar
gelegenen Höhe wartet auf uns das gewohnte Picknick. Fast hätten wir vom Wasser
aus den LD, der oben von der Steilküste winkt, zu spät erspäht. Die Unter-Trave
ist hier schon eine Seeschifffahrtsstraße. Die Fahrt geht unterhalb des Hafengebietes
an bewaldete Ufer, wenig tiefe Buchten und einer Steilküste entlang. Das rechte
Ufer (Naturschutzgebiet) gehört zu Mecklenburg-Vorpommern und bildete damals
die Grenze zur DDR. Dieser Tag ist traumhaft sonnig. Es weht eine leichte Brise
über dem Wasser, doch manch einer von uns fängt sich heute einen kleinen Sonnenbrand
ein. Nach der Rast rudern wir noch etwas in Richtung Travemünde, bis uns die
höheren Wellen zur Umkehr zwingen. In dem kleinen privaten Fischerhafen Gothmund
unterbrechen wir die Rückfahrt kurz, um unsere wunden Körperteile etwas zu lüften.
Es ist vom Grillabend noch so viel Essbares übrig geblieben, dass wir im RRC
einen sog. "Nachfraß" ansetzen. Hier verabschiedet sich Fritz L. von uns, der
nach Hamburg zurückfährt. Er hatte an zwei Tagen besonders im Riemenvierer einen
kräftigen Schlag vorgelegt. Später schauen die Esslinger auf ihren Heimweg noch
bei "Rosi" im "Seegarten" vorbei und erfahren von Wilfried Tille u.a. so einiges
über das Ratzeburger Bürgerverhalten und die wechselvolle Geschichte des hohen
Nordens.
Auf Lübecks Stadtgräben, Wakenitz und Ratzeburger See
Die nächste Ruderetappe - zunächst auf den Stadtgräben (mit Hanse-, Klag- und
Wallhafen) um Lübecks historischen Zentrum herum - wird wieder von Wilfried
Tille fachkundig erklärt. Uns beeindruckt der Blick vom Wasser aus auf die alte
Hansestadt mit ihren mittelalterlichen Stadtbefestigungen (Wallanla-gen), mit
Speichern und Giebelhäusern. Wir sehen u.a. auch die Puppenbrücke mit den Sandsteinskulpturen,
die Marienbrücke und -kirche, den Dom, Salzspeicher, Petri-Kirche, Holstenbrücke
und daneben das bekannte Wahrzeichen der Stadt, das Holstentor und schließlich
die Drehbrücke.
Danach geht es über einen sog. "Düker" in die Wakenitz, dem "Amazonas". Die
Wakenitz, als Zufluss der Trave, führt durch Wiesen und Weiden. Sie ist teilweise
seenartig erweitert. Sie geht dann in einen idyllischen, windungsreichen und
schmalen Flusslauf über. Viele Arten von Singvögeln beziehen an den Ufern und
im Schilf ihre Nistplätze. Die Ruhe ist hier märchenhaft. In Absalonshorst legen
wir zu einem Bierchen an. Zuvor rauschen auf einem Ausflugsboot 2 Esslinger
Damen an uns vorbei, die uns und wir ihnen herzlich und ausdauernd zuwinken.
Sie können somit nicht sagen, dass die Wanderfahrt nur in der Kneipe stattfindet.
In Rothenhusen, dem Fährhaus, der früheren Zollstation zwischen Ratzeburg und
Lübeck, stehen an einem markanten Aussichtsplatz am See Tische und Bänke zum
gewohnten Picknick bereit. Ein kurzes Zwiegespräch mit einem von der wilden
Wirtin herbeizitierten Polizisten über das Parken unseres Busses auf Privatgrund
verärgert uns etwas.
Der Ratzeburger See begrüßt uns mit den bekannten unangenehmen kurzen Wellen.
In der "Kalkhütte" genehmigen wir uns einen Kaffee. Dann geht es weiter - an
der Ruderakademie vorbei - zum Bootshaus des RRC. Horst und Annegret Köster
haben uns an diesem Abend auf ihr Anwesen in Röpersberg geladen. Es gibt reichhaltige
und schmackhafte, norddeutsche Küche.
Natur und Kultur zum Abschluss
Am nächsten Morgen verlassen wir die Juhe. Hier teilen sich die Interessen:
Heinz, Peter und Fritz Schiller wollen den Schaalsee erkunden, der Rest der
Ruderer möchte Ratzeburg kennen lernen. Es entpuppt sich als reizendes mit alten
Gebäuden ausgestattetes Städtchen, das vom höher liegenden Dom be-herrscht wird.
Die mittelalterliche Backsteingotik wirkt auf uns etwas fremd, fin-det aber
im Dom einen einheitlichen und sehr ansprechenden Stil, der uns sehr beeindruckt.
Besonders fesselt uns das Weber-Museum. Der Künstler A. Paul Weber hat die menschlichen
"Tugenden" durch Begebenheiten mit Tieren kritisch dargestellt. Ebenso interessant
ist das Barlach-Haus mit Plastiken des Künstlers.
Fiete Guhl bringt die drei Ruderer - und vorsorglich auch Skulls - zum Schaalsee,
wo ein RRC-Zweier stationiert liegt. Der Schaalsee ist ein wahres Naturparadies
(privates Landschaftsschutzgebiet), das auf uns noch unberührt wirkt. Er ist
noch größer als der Ratzeburger See. Nur ein Paddelboot erblicken wir in der
Ferne auf der Weite des Wassers. Unser Steuermann versucht, so gut es geht,
den Spritzwellen auszuweichen, indem er uns in der Nähe des windgeschützten
Ufers entlang steuert. Unsere ursprünglich vorgesehene Route um das "Teufelseck"
herum müssen wir deswegen ändern. Wir erreichen die Einfahrt zum Pfuhl-, Pieper-
und Salemer See (mit Verbindung vom Schaalseeka-nal zum Küchen-/ Ratzeburgersee).
Wegen den heranziehenden Regenwolken treten wir sogleich die Rückfahrt wieder
an. Tatsächlich werden wir auf halber Strecke mit viel Nass von oben bedacht.
Der Regen will an mehreren Tagen nicht enden und führt - wie wir später aus
den Medien erfahren - zu zahlrei-chen Unwetterschäden in Schleswig-Holstein
und Niedersachsen.
"Großer Bahnhof" in Ratzeburg
Im RRC erwarten uns die übrigen Esslinger. Manfred und Helga Strutz nehmen an
einer Familienhochzeit teil. Nach dem Besuch eines Cafes auf dem Markt-platz
geht es unter großer Begleitung der Gastgeber zum Abschiednehmen auf den Bahnhof
Ratzeburg. Diese Gemeinschafts-Wanderfahrt verlief wieder sehr harmonisch. Wir
danken besonders dem FL Johannes Trelenberg und seinem Vize Fiete Guhl, denen
wir es mit unseren gelegentlichen Wünschen nicht immer leicht gemacht ha-ben.
Durch Ausfälle bei der Mannschaft waren auch einige unvorhergesehen Schwierigkeiten
zu meistern. Das Nächtigen in der Juhe bereitet uns keinerlei Probleme, denn
auch AH's sind manchmal flexibel und bereit, auf höheren Bett-Komfort zu verzichten.
Den vielen Ratzeburger Helfern hinter den Kulissen möchten wir nochmals für
alles vielmals danken, dass sie uns das Miteinander so angenehm machten. Wohin
wird uns die nächste gemeinsame Rudertour führen?
Heinz Kleemann