HaSen – Ausfahrt nach Berlin

Der Tag begann mit einem Unfall. Ein Teilnehmer stürzte auf dem Esslinger Bahnhof zusammen mit seiner Frau so unglücklich, dass er sich eine heftig blutende Wunde am Kopf zuzog und seine Frau schmerzhafte Prellungen erlitt. Nach der Behandlung durch den Notarzt startete der Zug verspätet. Während der Fahrt ließ sich die Blutung erst nach einiger Zeit stillen. Die Fahrt und die Ausflüge in Berlin verliefen danach ohne Zwischenfälle.

Nach der Ankunft auf dem neuen Hauptbahnhof erwartete uns ein Bus zur über fast dreistündigen Stadtrundfahrt. Ein Reiseführer (ein Berliner Original) führte kreuz und quer durch Berlin und erklärte uns mit vielen Detailkenntnissen Gebäude und Stadtteile, gewürzt mit lustigen Worten in Berliner Mundart. Fast schockierend die vielen Hinweise auf nötige und teure Reparaturen an den nur wenige Jahre alten Gebäuden, deren Überschreitung der Baukosten er mit bissigen Worten kommentierte. Nach diesen ersten Eindrücken endete der Tag, nach Bezug des Hotels – es fand allgemeine Zustimmung – in einem griechischen Gasthaus nahe unserer Unterkunft.

Der nächste Tag (Donnerstag) begann nach der Fahrt mit Bus M 41 mit etwas längerem Fußmarsch Richtung Bundestag. Schon dabei hatten wir den Eindruck, dass an nichts gespart worden war und unsere Steuergelder zu repräsentativen und prunkvollen Zwecken verarbeitet wurden. Dieser Eindruck verstärkte sich auch nach dem Betreten des „Reichstags – Gebäudes, dem Sitz unseres Bundesparlaments. Nach den, wie bei Antritt einer Flugreise, bekannten Kontrollen konnten wir auf dem Zuschauerrang die Debatte über Energiepolitik verfolgen. Das Fernsehen war stets präsent, die Debatten werden auf Fernsehgeräten in den Nebenräumen und in den Büros der Abgeordneten übertragen. Vor Abstimmungen wird mit Angabe -  wenn sie erfolgt - fast überall, auch in den nebenstehenden Gebäuden darauf aufmerksam gemacht. Das behandelte Thema: Energiewirtschaft, war für uns, da wir darüber schon viel in den Medien gehört hatten, leicht zu verfolgen. Neu war für uns, die Arbeit im Parlament persönlich zu verfolgen: Den Aufruf der Redner vom Parlamentspräsidenten, die Arbeit der Stenografen ( immer zwei Personen, die auch die Einsprüche des Plenums notieren ), den Ablauf von Wortmeldungen, die Sitzordnung der einzelnen Fraktionen.

Anschließend empfing uns Frau Roth, Mitglied unseres Vereins und zuständig für alles, was mit Flüssen zu tun hat, die uns ja eingeladen hatte. Sie berichtete aus ihrer Arbeit. Hauptthema: Finanzkrise. Wir hatten den Eindruck, dass unsere Abgeordneten durch ihre Arbeit sehr beansprucht sind. Frau Roth bearbeitete im Plenarsaal mehrere Schriftstücke. Auf der Ministerbank fiel uns nur der Arbeitsminister Scholz auf. Die anderen Minister waren teilweise durch ihre Staatssekretäre vertreten, die die Debatte verfolgten und sich Notizen machten. Die Arbeit vor dem Erlass der Gesetze wird vorwiegend in den Ausschüssen gemacht. Bei Debatten, die sein Fachgebiet nicht betreffen, braucht ja der Abgeordnete nicht dabei zu sein.
In unserer Gruppe war der 5000ste Besucher ihrer Fraktion, den Frau Roth durch Werfen eines Tempo-Taschentuchs auswählte. Inge Schwarz wurde als glückliche Gewinnerin mit einem Buch belohnt. Frau Roth beantwortete bereitwillig unsere Fragen. Ihre Mitarbeiterin, Sonja Birnbaum aus Aichwald,  führte uns anschließend durch den Fraktionsraum und andere Räume auf der Ebene des Plenarsaals.
Leider war die Kuppel nicht zu betreten. Es wurden – wie unser Stadtführer hämisch bemerkte – Reparaturarbeiten durchgeführt, was unseren Eindruck verstärkte, dass die Bauwirtschaft gut von den Bausünden der Vorgänger lebt. Von der Aussichtsplattform hatten wir einen herrlichen Blick auf Berlin, der durch das fast sonnige, aber windige Wetter, die teilweise imposante Architektur der Stadt effektvoll einfing.

Im „Paul-Loebe-Haus“ wurde uns ein Imbiss serviert. Unmittelbar am Spreebogen konnten wir den regen Verkehr der Ausflugsschiffe – Vorgeschmack auf die morgige Tour – beobachten.
Die nachfolgende Fußtour auf der Straße unter den Linden, vorbei an den Luxus-Geschäften wurde durch Regen etwas getrübt. Einige Damen hatten Rikscha-Fahrer engagiert, die sie trockenen Fußes zur „Ständigen Vertretung“ brachten. Das Lokal, war von vielen Prominenten ( Adenauer, Brandt, Genscher, Schröder, Grass, Beuss) besucht worden, deren Fotos die Wände zierten. Aber auch markige Sprüche (Von den Wessis lernen, heißt Siegen lernen) oder lustige Bilder (Hammer und Banane, statt Hammer und Sichel) waren zu sehen. Nach dem Abendessen war der Friedrichsstadtpalast in kurzem Fußmarsch erreicht.
Der größte Show-Palast Europas (lt. Programmheft) ließ eine Folge von Show-Effekten ablaufen, die von Eislauf-Darbietungen, lustigen Gags, Zauberszenen bis zu beeindruckender Artistik alles aufbot, was die Zuschauer im vollbesetzten, riesigen Saal bewundern und staunen ließ.
Für uns Wassersportler attraktiv, hatte unser „Fahrtenleiter“ Heinz Kleemann am darauf folgenden Tag eine dreistündige Fahrt auf der Spree gebucht, von der aus viele markante Bauwerke (erklärt und beschrieben vom Bord – Lautsprecher) sichtbar waren.
Das Mittagessen hatten wir an Bord eingenommen. So gestärkt brachte uns ein Stadtbus entlang des Kurfürstendamms zur Gedächtniskirche. Auf eigenen Wegen konnten von dort aus die Teilnehmer die nähere Umgebung (Kaufhaus des Westens, Europa-Center, Ku-Damm)  besichtigen. Mit dem Stadtbus – dank der Kenntnis der Verkehrsverhältnisse von Heidi Erbrich - erreichten wir (nach 22 Haltestellen!) unser Hotel.

Der Samstag war unserer Initiative überlassen. Am Alexanderplatz trennten sich die meisten und suchten, vom Stadtplan geleitet, die Sehenswürdigkeiten auf, die den Reiz von Berlin ausmachen. Das Wetter ließ sich recht gut an, man konnte sogar im Freien sitzen, obwohl die Sonne sich meist hinter den dünnen Wolken verbarg. Beeindruckend der Berliner Dom, etwas enttäuscht über den abgerissenen Palast der Republik (Erichs Lampenladen) und erstaunt über die vielen Leute auf den Straßen, den Museen und den Lokalen. Andere von uns fuhren zu den Schlössern nach Potsdam.
Am Abend bedankten wir uns in einem nahe gelegenen Gasthaus bei Heinz Kleemann, der sich mit der Organisation der Fahrt große Mühe gegeben hatte und dessen Vorschläge und Buchungen wir gerne und willig angenommen hatten, mit einem Geschenk. Auch Heidi – sachkundige Führerin im Chaos der Berliner Straßen und Plätze – wurde gedankt. Alle Teilnehmer waren sich klar: Berlin ist eine Reise wert.

Teilnehmer:   Fritz Baier mit Christel Kuhrasch
                        Ulrich Beh mit Karin Krimmling,
                        Klaus Berkemer mit Margarea
                        Hans Busch mit Anneliese
                        Manfred Erbrich mit Heidi
                        Heinz Kleemenn mit Helga
                        Peter Luidhardt mit Inge
                        Wolfgang Mayer mit Gisela
                        Inge Schwarz
                        Margret Strehler

Text: Wolfgang Mayer, Fotos Peter Luidhardt, Manfred Erbrich