von Ait Atmane
Wer ein Rennruderboot anschaut, ahnt: Das ist eine kippelige Sache. Bei einem Wettbewerbsstart kommen weitere Herausforderungen hinzu, beispielsweise, die Startposition einzunehmen oder eine gerade Linie zu fahren. Der baden-württembergische Rudernachwuchs hatte am Samstag die Gelegenheit, all das zu üben, denn der Ruderverein Esslingen richtete eine Kinderregatta aus. Es war die erste Veranstaltung dieser Art im Land. Bei den Esslinger Ruderern fanden am Samstag sogar zwei Rennen statt. Am Vormittag war der Verein auf der Neckarinsel Gastgeber für die Jugend-Qualifikationsregatta des Landesruderverbandes. Dabei haben sich zwei Esslinger Boote für den Bundeswettbewerb, also die Deutsche Meisterschaft, Ende Juni in München qualifiziert: im Einer Felix Bandl, der in dieser Disziplin der Schnellste von allen 13-Jährigen war. Und im Vierer Jakob Holl, Tom Polman, Elia Hartmann und Moritz Wechsler mit Steuermann Valentin Wechsler – sie waren das schnellste Boot der gesamten Regatta.
Philip und Valentin hatten im Zweier die Nase vorn Foto:
Ait Atmane
Mit der Kinderregatta am Nachmittag geht der Verein neue Wege. Die Teilnehmer sind zwar nicht alle jünger als die 13- und 14-Jährigen, die morgens am Start waren, aber sie haben weniger Erfahrung. Für die „Neulinge“ gab es bislang keinen eigenen Wettkampf in Baden-Württemberg. Das möchten die Esslinger ändern, zumal sie selbst recht viel Nachwuchs haben. „Wir haben seit drei Jahren die Jugendabteilung ausgebaut“, sagt der Vereinsvorsitzende, Jörg Hummel. Die Trainer dafür habe man, viele Kinder kämen über ihre Geschwister oder Freunde neu dazu. Die Kinderregatta solle „einfach einen Einstieg schaffen für diejenigen, die noch nicht so lange dabei sind“, erklärt Pressewartin Kerstin Polman. Wie beispielsweise Tamina, 2006 geboren, die noch nie einen Wettbewerb mitgemacht hat. Sie kam über ihre bereits erfahrene Freundin Lisa zum Rudern. Zusammen holen die beiden selbstständig ihre langen Rennboote aus dem Bootshaus und tragen sie jeweils zu zweit ans Neckarufer, befestigen die Ruder und schlüpfen mit den Füßen in die „Schuhe“ am Stemmbrett. Dann heißt es zum Start rund 400 Meter weiter oben rudern und sich dort zwischen Styroporbojen auf einer Linie positionieren, was nicht einfach ist – der Neckar, an diesem Tag schokoladenbraun, hat ordentlich Strömung.
Per Megafon bekommen die Mädchen Anweisungen: „Wir haben nicht so einen Zeitdruck wie bei einer echten Regatta“, sagt Polman. Da stünden schon reihenweise Boote in der Warteschleife und würden möglicherweise auf mehr Tempo drängen. Die Veranstalter müssen an diesem Tag die Balance finden zwischen Übungszeit für die Kinder und ein Auge zudrücken, wenn mal nicht alles hundertprozentig passt. Auch sie sammeln Erfahrung. Auf der 350-Meter-Strecke die Bahn zu halten, ist gar nicht so einfach. „In der Mitte war es schwer, dass ich nicht gegen den Rand fahre“, erzählt Tamina nach dem Zieleinlauf. Lisa mit ihrer Vorerfahrung fiel das leichter, sie hat aber die an diesem Tag kürzere Distanz nicht richtig eingeschätzt. „Ich habe nicht alles gegeben“, merkt sie selbstkritisch an. Später treten die beiden nochmal im gemischten Vierer an, zusammen mit den Jungs, die ebenfalls schon am Start waren. „Wir waren eigentlich die ganze Zeit vorne“, sagt Philip zufrieden über sein Rennen im Zweier mit Valentin.
Im Boot ist Teamgeist gefragt, die ohnehin sehr komplexe Ruderbewegung muss im Gleichtakt erfolgen. Das erfordert Kommunikation und Anpassung an das, was Steuer- und Schlagmann vorgeben – Diskussionen wären fehl am Platz. Peter Wolfering, der beim Landesruderverband für die Nachwuchsarbeit zuständig ist, findet auch den Austausch zwischen den Jugendlichen aus verschiedenen Vereinen wichtig.