Ruderinnen Sandra Luptowitsch und Leonie Stybalkowski gewinnen
deutschen Meistertitel im Doppelzweier

Abwarten - die Taktik für den Titel

Der Sport geht manchmal seltsame Wege. Eigentlich hatten sie die Teilnahme an den Deutschen Rudermeisterschaften vor zwei Wochen in Berlin gar nicht eingeplant - dann ruderten sie zum Titel im Doppelzweier." Das war auch für uns eine große Überraschung", sagen Sandra Luptowitsch (14) und Leonie Stybalkowski (12) vom Ruderverein Esslingen.

VON DIRK PREISS

Ein wenig schüchtern sitzen die beiden Mädchen auf dem großen Stein am Esslinger Neckarufer. Doch werden sie auf ihren Erfolg bei den deutschen Titelkämpfen angesprochen, setzen sie ihr spitzbübisches Grinsen auf und erzählen von dem Sieg, der so unerwartet kam wie ein Schneesturm in der Sahara. "An die DM-Teilnahme hatten wir eigentlich gar nicht gedacht", sagt Sandra. Ganz normal trainiert hätten sie, ohne auf irgendein bestimm-tes Ziel hinzuarbeiten. Doch wer die ganze Saison über ungeschlagen bleibt, der kommt um einen DM-Start eben nicht herum. Mit dem Flugzeug ging es nach Berlin - und dort setzten die Esslinger Talente ihren Höhenflug fort. Nachdem sie über 3000 Meter bereits die beste Zeit ins Wasser der Dahme gezaubert hatten, ließen Sandra und Leonie auch beim 1000-Meter-Finale nichts mehr anbrennen - auch wenn es unterwegs kleinere Unstimmigkeiten gegeben hatte. "Wir haben uns kurz angeschrien, weil wir uns über die Richtung nicht einig waren", erzählt Leonie.
Ab und zu fliegen eben auch bei den

Harmonieren trotz Altersunterschied prächtig:
Leonie Stybalkowski (11.) und Sandra Luptowitsch

Foto: Baumann

dicksten Freundinnen die Fetzen. Doch der kleine Streit auf dem Wasser ist längst ausgeräumt. Kein Wunder, bei den Erfolgen,die die beiden miteinander feiern. Am vergangenen Wochenende holten sie sich auch den Landestitel bei den baden-württembergischen Meisterschaften im Mannheimer Mühlauhafen. Vor rund fünf Jahren lernten sie sich beim Rudern kennen, seit zwei Jahren sitzen sie nun in einem Boot - und harmonieren prächtig. Und das, obwohl die beiden Gymnasiastinnen fast zwei Jahre auseinander sind, Doch im kommenden Jahr geht das Duo zwangsläufig getrennte Wege. Weil Sandra dann in einer anderen Altersklasse an den Start geht, müssen sie sich nach anderen Partnerinnen umschauen. "Ein bisschen doof ", finden das beide. Aber aus den Augen verlieren sich die beiden deshalb nicht. Denn wenn Trainer Klaus Klemm seine Talente
drei- bis viermal in der Woche auf den Neckar schickt, ist meist die ganze Gruppe mit dabei. Außerdem bestehe der Rudersport ja nicht nur aus den Regatten, erklären Sandra und Leonie. Beim Pfingstlager am Bodensee und den Wanderfahrten steht der Spaß im Vordergrund. Da lässt es sich auch leichter verkraf ten, dass man das Jahr über kaum ein Wochenende daheim verbringt. "Dafür kommt man viel herum", sagtLeonie,"und man lernt die Ruderer der anderen Vereine kennen. " Da können es die beiden Mädels sicher auch verschmerzen, dass sie in der kom menden Saison nicht mehr im gleichen Boot sitzen. Um den Trennungsschmerz ein wenig zu lindern, wollen sie in den verbleibenden Regatten dieser Saison weiterhin ungeschlagen bleiben. Wie weit sie ihr Weg nach oben führen wird, darüber wollen die beiden Teenager aber nicht spekulieren. "Abwarten", sagt Leonie. Keine schlechte Taktik - das haben die beiden bereits bewiesen.