Wie jedes Jahr im Herbst war auch 2003 die sogenannte Trimmfahrt des Rudervereins Esslingen geplant. Der „einhellige Wunsch", den Mathias Kötter in seinem Bericht über die 27.Trimmfahrt (Kanalspritzer vom März 2003) berichtet hatte, nämlich die schon für 2002 geplante Fahrt auf dem Po von Chivasso bis Ferrara nachzuholen, ließ sich wieder nicht erfüllen: War sie 2002 wegen Hochwassers kurzfristig abgesagt worden, so ließen dieses Jahr die Meldungen über die anhaltende Trockenheit und den dadurch gefallenen Wasserstand es geraten erscheinen, den Po zu meiden.
So starteten denn am 05.09.2003 gegen 20.00 Uhr in zwei Mietbussen, von denen der eine den Bootsanhänger mit den Booten Helene, Schwaben II und Staffelsteiger, der andere den Küchenanhänger zog, 14 Ruderer gen Norden.
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Am frühen Morgen des 06.09.2003 war mit Plau, am gleichnamigen See, der Ausgangspunkt der Fahrt erreicht. Nach dem Aufriggern der Boote und einem Stehfrühstück ging es los. Schon nach wenigen Metern verließen die Boote den See und bogen in die Müritz-Elde-Wasserstraße ein. Der Landdienst holte noch Johannes Trelenberg, unseren Ruderfreund vom Ratzeburger Ruderclub, ab. Er war mit der Bahn angereist und vervollständigte an der nächsten Schleuse das Duett im Staffelsteiger.
Die Müritz-Elde-Wasserstraße folgt teils dem Bett der Eide, größtenteils aber ist sie im 18.Jahrhundert künstlich angelegt worden. Davon bemerkt man heute aber wenig. Das Wasser fließt kaum merkbar zwischen schilfbestandenen Ufern, hinter denen sich meist ein Wald aus Erlen, Pappeln, Birken und Eichen, manchmal auch Wiesen mit teilweise sehr alten einzelnen Bäumen und Baumgruppen erstrecken. In kleinen Buchten schwammen weiße See- und gelbe Teichrosen oder reckte das Pfeilkraut seine charakteristischen Blätter auf runden Stengeln handbreit über die Wasseroberfläche. Bei strahlendem Wetter ging die erste Etappe über Lübz und Parchim bis Möderitz (45 km), wobei sechs Schleusen überwunden werden mussten.
Die Zelte standen dank der eingespielten Mannschaft rasch, auch das Abendessen wurde wie in den folgenden Tagen von der Küchencrew perfekt zubereitet und serviert. Da die nächtliche Anreise wohl allen noch in den Knochen steckte, herrschte bald Nachtruhe.
Der nächste Tag begann wieder strahlend, die Fahrt führte über Neustadt-Glewe bis Hechtsforth (40 km mit vier Schleusen). Der Staffelsteiger wurde meist als Dreier ohne Steuermann gefahren, wobei zwei mit Schraubzwingen befestigte Autorückspiegel als Navigationshilfe dienten. Da das Navigieren damit nicht ganz einfach war, kam es prompt auf dieser Etappe zu einer Bojenberührung. Aber das passierte auch einem gesteuerten Vierer. Auffallend waren die vielen Motorboote, die am Ufer und in den Marinas lagen. Sie warteten, wie wir aus Gesprächen erfuhren, auf ein Ende der Trockenheit, weil sie ihren Heimathafen an der Elbe wegen des niedrigen Wasserstands nicht anfahren konnten. Da wir mit dem Tiefgang unserer Boote damit keine Probleme hatten, lag uns nichts an einem Wetterwechsel. Aber kaum standen abends die Zelte, fing es zu regnen an.
Am nächsten Morgen hatte der Regen wieder aufgehört, so dass wir wohlgemut unser Lager abschlagen und in die Boote steigen konnten, um weiter in Richtung Elbe zu fahren. Aber noch auf der Morgenetappe holte uns der Regen wieder ein und zwar kräftig. Die Mittagsrast fand deshalb nicht wie sonst im Freien mit kalter Verpflegung statt, es wurde vielmehr ein vom Landdienst ausgesuchtes Lokal in Eldena angesteuert. Die anschließende Siesta verbrachten die meisten im Bus, einige besuchten dagegen ein ganz in der Nähe des Liegeplatzes unserer Boote liegendes Spielwarengeschäft, das für den kleinen Ort erstaunlich groß und bestens sortiert war. Die Väter kleiner Kinder deckten sich mit Mitbringseln ein. Da der Regen keine Anstalten machte aufzuhören, ignorierten wir ihn, stiegen in die Boote und legten ab. Irgendwann wurde es aber wohl auch dem Regen zuviel und er hörte auf. Diese dritte Etappe endete nach 34 km und sechs Schleusen in Dömitz, wo die Müritz-Elde-Wasserstraße in die Elbe mündet. Diese erschien immer noch breit und wasserreich, aber es ließ sich in Strommitte mit einem Skull der Grund ertasten, was sonst wohl nicht möglich ist.
Am Mittwoch endete die Morgenetappe in Hitzacker, wo ein Landgang angesagt war. Das Städtchen hat wunderschöne Fachwerkhäuser an den kopfsteingepflasterten Straßen und wirkt friedlich und idyllisch. Kaum zu glauben daher die Fotos, die in vielen Schaufenstern hingen und die Zustände vor Jahresfrist zeigten, als die Flut alles überschwemmt hatte. Die wieder bei gutem Wetter zurückgelegte Etappe dieses Tages endete nach 50 km und einer Schleuse in Radegast.
Am nächsten Tag ging es auf der Elbe weiter bis Lauenburg, wo bis 1962 die älteste, im Jahr 1393 zunächst in Holz, im 18. Jahrhundert dann in Stein gebaute Kammerschleuse Europas bestand. Hier verließen wir die Elbe, um nordwärts auf dem Elbe-Lübeck-Kanal weiter zu rudern, an diesem Mittwoch bis Mölln (51 km mit zwei Schleusen). Die Zelte stellten wir an diesem Tag für den Rest der Fahrt schon auf dem Gelände des Ratzeburger Ruderclubs auf dem wir für dieses Entgegenkommen nochmals danken - und bewegten uns zwischen den Liegeplätzen der Boote und diesem Rastplatz mit den Bussen.
Am Donnerstag ging es von Mölln nach Lübeck (31 km mit fünf Schleusen). In einer dieser Schleusen machten wir die Begegnung mit einer Krabbe in Größe einer Männerhand, die sich in der Nische mit der Haltestange in der ihr eigenen Art seitwärts nach oben bemühte. Mit uns wollte sie offenbar nichts zu tun haben, bei einem Annäherungsversuch ließ sie sich ins Wasser plumpsen.
Die letzte Etappe begann mit dem Umsetzen der Boote vom Kanal auf die Wakenitz, auf der wir ein kurzes Stück ruderten, um dann zu einem Landgang zu einigen wenigen der vielen Sehenswürdigkeiten Lübecks anzulegen (hierüber weiß der Chronist nichts zu berichten, da er schon mehrmals in Lübeck war und deshalb als Wache bei den Booten blieb).
Danach ging es auf der Wakenitz und über Dom- und Küchensee zum Endziel: dem Ratzeburger Ruderclub (33 km; eigentlich müssten es mehr sein, da die ganze Flotte unterwegs in einen Seitenarm abbog, der sich später als Sackgasse erwies und zurückgerudert werden musste). Abends waren wir dort zum Herrenabend eingeladen, bei dem mit köstlicher Bewirtung und munteren Gesprächen die Stunden im Flug vergingen.
Am Samstag hieß es dann Zelte und Boote verladen und nach einem letzten neidvollen Blick auf das herrliche Ruderrevier unserer Ratzeburger Gastgeber aufsitzen in Richtung Heimat und über die Heimfahrt kann der Chronist ebenfalls nicht berichten, da er sich zu einem kurzen Urlaub Richtung Rügen abgesetzt hatte.