30.08.19 - Nachdem die Boote verladen und die Zelte und das Gepäck in den 2 Fahrzeugen verstaut waren, konnte die nächtliche Fahrt starten. Die 44. Trimmfahrt führte 10 Ruderinnen und Ruderer in den hohen Norden. Mit dem langen Bootsanhänger im Schlepp war es gar nicht so leicht einen geeigneten Rastplatz für einen Mitternachtsimbiss zu finden, da die Rastplätze bereits von den LKWs belegt waren. Der 5. Versuch war dann erfolgreich und alle ließen sich das mitgebrachte Vesper schmecken. Alle 2-3 Stunden wechselten die Fahrer. In den frühen Morgenstunden erreichten wir das Ziel Emsdetten. Es reichte noch für ein Nickerchen im Auto und bereits in der Morgendämmerung wurde die Mannschaft wieder aktiv. Die Boote wurden aufgeriggert und das Frühstück zubereitet. Nachdem auch der 11. Ruderer Mathias, der mit dem Fahrrad aus Osnabrück angereist war, dazu gestoßen war, konnte es los gehen. Die Ems war an der Einsatzstelle noch so eng, dass die Boote in Fahrrichtung eingesetzt werden mussten. Im Schlingerkurs ging es durch die idyllische, grüne Landschaft. Ein Eisvogel wurde beobachtet. Gegen Mittag kamen wir an der Stadt Reine vorbei. Immer wieder mussten Handschleusen bedient werden. Die Ems hat kaum Zuflüsse und wurde trotzdem zusehends breiter. Am Ende eines heißen Tages erreichten wir Melanies Heimatstadt Lingen, und wurden von einer Freundin emsländisch mit Haselünner Korn empfangen. Nachdem die Boote beim RG Lingen an Land waren, bezogen wir unser Nachtquartier in der Jugendherberge und bestellten zum Abendessen Pizza, die wir uns an den Tischen vor der Jugendherberge schmecken ließen. Der heiße 1. Rudertag hatte Spuren an unseren Pos hinterlassen.
1.09.19 - Ein trüber Tag begann und die Ruderfahrt ging auf dem Dortmund-Ems-Kanal
weiter. Hier werden die Schleusen von Mitarbeitern bedient. Und so erfuhren
wir an der Schleuse von Meppen, dass beim Wassersportverein Meppen die Ruderkreismeisterschaften
ausgetragen wurden und wir daher dort nicht anlanden konnten. Doch der Landdienst
hatte bereits einen geeigneten Ausweichplatz auf der anderen Kanalseite gefunden
und die ankommenden Ruderer staunten nicht schlecht, dass sie einen alten
Bekannten, Heinz Dahlhoff, antrafen. Leider hatte er nur wenig Zeit, da er
als Starter bei der Ruderregatta fungierte. Schnell wurden die Boote verladen
und ein Mittagsvesper eingenommen und dann ging die Autofahrt weiter ins holländische
Leeuwarden. Der dortige Citycampingplatz diente für die restliche Zeit als
Standquartier. Es mussten die Boote startklar gemacht werden, 3 Zelte aufgebaut,
Feldbetten und Schlafsäcke gerichtet und als Abendessen Nudeln mit Tomatensoße
auf 2 Gaskochern gekocht werden. Der Apfelkuchen von Melanies Mama war ein
willkommener Nachtisch und fand regen Zuspruch. Gemütlich klang der Tag aus.
2.09.19 - Um 7 Uhr war wecken angesagt, frühstücken und um 9 Uhr wurden die
Boote in den Kanal vor dem Campingplatz zu Wasser gelassen. Zur besseren Orientierung
hatte sich Wolfram die Route des Elfsteden Roeimarathons auf das i-Pad geladen.
Die Originalstrecke des Elfstedentocht (legendärer Eisschnelllauf) führt entlang
der elf friesischen Städte und ist nicht komplett mit dem Ruderboot fahrbar.
Wir verließen Leeuwarden auf einem breiten Kanal und ruderten bald durch die
grüne, flache Landschaft. Schöne Wohnsiedlungen mit eigenen Bootsstegen lagen
entlang der Route. Der Kanal wurde zusehends schmäler und die Brückendurchfahrten
immer niedriger, so dass immer öfter das Kommando hieß – Skull lang, ducken,
mehr ducken, hinlegen. Zum Brückenboden waren zum Teil nur 40 cm Platz. Die
Mittagspause verbrachten wir am Radweg. Bald danach erreichten wir das Städtchen
Sneek mit seinen schönen Grachten und fuhren am Wassertor von 1613, dem Sneeker
Wahrzeichen mit den 2 schlanken Türmen, vorbei. Hier musste natürlich eine
Fotopause eingelegt werden. Im Zickzack ging die schilfbewachsene Route weiter
an den Städtchen IJlst und Woudsend mit seiner schönen Windmühle
vorbei.
Am Sleattemer Mar angekommen, über das eine steife Brise fegte, entschied
die Fahrtenleitung die Fahrt nach Sloten auszulassen und den See in Richtung
Balk zu queren. Bei Windstärke 3 und hohen Wellen entschieden sich die Obmänner
der beiden Boote für unterschiedliche Seebefahrungen. Ein Boot ruderte den
Bogen am Ufer entlang, das andere Boot wählte den direkten Weg über den See
und trotzte Wind und Wellen. Fazit des Experiments – drumherum oder quer die
Boote waren gleichschnell und gingen bei Balk in einer malerisch angelegten
Siedlung mit Yachthafen an Land. Der Landdienst fuhr mit den Autos wieder
zum Standquartier, wo ein leckeres Abendessen bestehend aus Geschnetzeltem,
Gemüse und Reis gezaubert wurde.
3.09.19 – Von Balk aus schlängelte sich der Kanal in vielen Windungen durch
die Landschaft, der Bewuchs wurde dschungelähnlich und die Gracht so eng,
dass nur noch einhändiges Rudern möglich war. Die Steuerleute mussten mehr
schwitzen als die Ruderer. 3 weitere Seen der friesischen Seenplatte mussten
überquert werden und die Wellen hatten bereits Schaumkronen. Viele schöne
Segelboote waren unterwegs. In der alten Hansestadt Stavoren, dem vereinbarten
Ort der Mittagspause, wartete der Landdienst bereits auf uns. Wir hatten viel
länger gebraucht, als geplant. Mitten im Ort gab es Rollmöpse aus der Hand
und wir stellten wieder einmal fest, dass Holländer kein Brot backen können.
Auffallend an den schönen Giebelhäusern waren die verbauten Masten von Segelschiffen.
Mit einem Blick auf das Sperrwerk zum IJsselmeer verließen wir Stavoren in
einer 90°- Kurve und ruderten bei starkem Gegenwind auf der anderen Seite
des Deiches parallel zum IJsselmeer. An einer geeigneten Anlegestelle hielten
wir an und kletterten auf den Deich um einen Blick auf das große Binnenmeer
zu bekommen. Am späten Nachmittag erreichten wir nach 34 km Hindeloopen und
beschlossen hier die Boote aus dem Wasser zu nehmen, auch wenn wir damit unser
Tagesziel nicht erreichten -8 km. Beim ersten Blick erkannten wir, dass der
Kirchturm schief war. Wieder zurück am Standquartier wurde Fisch-Topf-Allerlei
gekocht und zum Nachtisch gab es landestypisches VanilleVla.
4.9.19 – Wieder mit den Autos in Hindeloopen angekommen, gingen wir durch
die beschauliche, alte Stadt auf Umwegen zu den Booten. Unterwegs kamen wir
an der alten Schleuse vorbei, und hatten einen schönen Blick auf den Yachthafen
im IJsselmeer und den schiefen Kirchturm. Schnell wurden die Boote bereit
gemacht und wir ruderten direkt auf die Schleuse, die Zugbrücke und das Schleusenhaus
zu, bevor wir im 90°- Winkel wieder die Richtung wechselten. Es begann zu
regnen, deshalb übergab der Landdienst in Workum die vergessene Steuermannsjacke.
Bei den Löwenstatuen wurde noch schnell ein Bild gemacht, und weiterging es.
Unterwegs sahen wir einen schwarzen Schwan mit rotem Schnabel, ein wunderschönes
Tier. In Bolsward musste bei strömendem Regen der mitgebrachte Pavillon aufgebaut
werden, damit das Mittagessen trocken eingenommen werden konnte. Mitten in
der Stadt konnten wir keine Toilette finden, und waren froh, dass uns der
freundliche Ford Händler sein WC benutzen ließ. Auf Regen folgte Sonne und
wieder Regen. Zum Schutz vor dem vielen Nass, machten wir eine kurze Pause
unter einer Brücke, leider war sie nicht breit genug für das ganze Boot, so
dass der Steuermann im Regen sitzen musste, aber geübte Kletterer konnten
im Trockenen zum „Männeken piss“ ernannten werden. Auf beiden
Seiten des Kanals machte sich Schilf breit und wir perfektionierten das
1-händige Rudern. In der Folge wurden neue Ruderbefehle kreiert – Blang und
Slang (Backbord lang und Steuerbord lang).
Wir bewunderten die Brückenkünste der Holländer - eine Drehbrücke machte die Durchfahrt für Segelschiffe möglich. Bei Sonnenschein erreichten wir Harlingen, doch bis wir die Boote an Land hatten und alles verstaut war, waren wir nass bis auf die Unterhose. Von den Anwohnern erhielten wir ein Daumen hoch. Auf dem Parkplatz des Einkaufcenters Jumbos wurden noch schnell die nassen Sportsachen gegen trockene getauscht. Die kurze Fahrt zurück zum Standquartier reichte um wieder warm zu werden. Auch an diesem Abend bewiesen die Männer ihre Kochkunst - Schweinesteak mit grünen Bohnen und Kartoffeln. Sehr lecker. Leider mussten wir den Abend wegen der Nässe im Küchenzelt verbringen.
5.9.19 – Nach einer klammen und sehr kalten Nacht, in der sich sicher einige
eine Heizdecke gewünscht hätten, ging es früh am Morgen von Harlingen aus
weiter. Viele enge Kurven, Spontanwind und an beiden Seiten Schilf verlangten
den Steuerleuten viel ab und auch heute lautete häufig der Ruderbefehl, Skull
lang - lang lang. Von der flachen Landschaft konnten wir nicht viel sehen,
da das Schilf viel verdeckte. Immer wieder konnten wir kleine Ansiedlungen
entdecken und wunderten uns über die Größe der Dorfkirchen. Auch heute wechselte
Regen mit Sonnenschein ab und die Regenjacken mussten öfters an- und ausgezogen
werden.
Die Mittagspause verbrachten wiir in Menaam auf einem Grünstreifen mitten
im Ort. Zum Nachtisch gab es Holländischen Kuchen. Schon von Weitem erkannten
wir an verschiedenen Hochhäusern, dass wir uns wieder Leeuwarden näherten.
Vorbei an einer Muschelfabrik und einer Kamelfarm passierten wir die Industrieanlagen
der Stadt. Quer durch die Stadt folgten wir der Gracht und bewunderten die
historischen Gebäude. Unter einigen Brücken mussten wir uns wieder im Boot
lang hinlegen. Manchmal fehlte der Schwung um an das andere Brückenende zu
kommen, die Steuerleute behalfen sich in dem sie an
der Decke entlang hangelten. Wieder am Campingplatz angekommen sollte eigentlich
nur eine kleine Pause gemacht werden. Da aber die Wind-App starken Gegenwind
voraussagte, meuterten die Mannschaften von Engel und Helene und stiegen am
Standquartier frühzeitig aus. So blieb Zeit für eine Relaxrunde, ausgedehntes
duschen und die Zubereitung des Abendessens – Spaghetti Bolognese mit Salat.
Der gemütliche Ausklang mit vielen Erdnüssen war obligatorisch.
6.9.19 – Am frühen Morgen gaben wir Ruderer sicher ein wunderliches Bild ab
– Tautreten, wie die Störche, zum Teil barfuß zu den Booten. Kurz nach dem
Campingplatz bogen wir Richtung Norden ab, und auch heute hatten wir kräftigen
Wind. Das führte dazu, dass uns nach einer scharfen Kurve der Wind an eine
Holzbrücke drückte und ein Dollenring brach. Der Engel war nur mit 3 Ruderern
besetzt, deshalb wurde von der Helene ein Paar Skulls übernommen. Der sofort
informierte Landdienst wurde dank GPS an den Standort geleitet, musste durch
Brennesseln und Gestrüpp und konnte das Ersatzpaar Skulls über einen Zaun
reichen. Herzlichen Dank für diesen Einsatz. Wir hatten viel Zeit verloren
und versuchten nun wieder aufzuholen. Die Mittagspause genossen wir im Hafen
neben einem Blumenfeld. Weiter ging die Fahrt und bald erreichten wir Dokkum.
Die Stadt war wegen des Admiraltages festlich geschmückt und bot mit seinen
2 großen Windmühlen ein schönes Bild. Wir umrundeten die Innenstadt und gerieten
in eine „gesperrte Durchfahrt“.
Dort lagen 3 reihig viele Segelschiffe am Kai, so dass wir nicht mehr umdrehen
konnten, dies hatte zur Folge, dass wir mitten in den Soundcheck einer Musikgruppe
gerieten und unter der Festbühne durchruderten, gefilmt und auf die Großleinwand
projiziert wurden. Die Route ging nun auf der gleichen Strecke zurück nach
Leeuwarden. Der Wind war zwischenzeitlich stark aufgefrischt und nun kämpften
wir mit Gegenwind. Trotz Regattaschlag kamen wir kaum vorwärts. Als auch noch
Regen dazu kam wurde die Tour beendet. Ruckzuck wurden die Boote abgeriggert
und aufgeladen. Der Landdienst brachte uns quer durch die Stadt zurück zum
Campingplatz. Das Abendessen am letzten Abend bestand aus den traditionellen
Linsen, Spätzle und Saitenwürstle, und musste wegen Regen im Zelt gekocht
werden. Gespült wurde in den Regenpausen. Begleitet von Blitzen und Musik
aus der Nachbarschaft klang der letzte Abend aus.
7.09.19 – Noch vor dem Frühstück hatte Matthias seine Rückreise mit dem Fahrrad
angetreten, keine schönen Aussichten bei Regen und Wind. Wir beeilten uns
mit dem Zusammenpacken, hatten Glück und konnten die Zelte vor dem Regen einpacken
und schon bald rollten die Autos Richtung Süden.
Fazit: eine tolle Tour - Nordholland ist eine Reise wert - es wurde so toll und abwechslungsreich gekocht und es war nie etwas übrig. Hut ab vor den Teilnehmern des 11-Städte-Marathons an einem Tag 210 km
Bericht:
Doris Eberspächer
Bilder: Meanie Schröers, Wolfram Strehler
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