vom 8. bis 15. September 2001, von Torgau bis Dömitz
Die Elbe ab Torgau gilt nach landläufiger Meinung als uninteressant,
weil keine größeren Städte und Berge zu finden sind und die
Landschaft topfeben ist. Weil schon viele von uns die Elbe ab Decin kennen,
interessierte uns, wie es in Richtung Hamburg weitergeht. Bei ersten Blicken
auf die Landkarte stellten wir fest, daß Städte wie die Lutherstadt Wittenberg,
die Stadt Dessau mit dem berühmten „Bauhaus“ und Magdeburg an
unserer Strecke liegen. Also, Kultur pur.
Was
Ruderer aber mehr interessiert ist, wie lässt sich auf der Elbe rudern?
Ordentliche Strömung und keine Schleusen, das war ungewöhnlich für uns. Das
versprach viele km. Da sich diese Fahrt ja Trimmfahrt nennt und deshalb viele
km pro Tag mit unser Ziel war, gab es keinen Grund mehr, die Elbe als
Wanderruderrevier nicht zu wählen. Auch das Interesse an dieser Routenwahl war
groß und es fanden sich immerhin 16 Ruderer bereit, die diese „langweilige“
Strecke kennen lernen wollten.
Daß
diese Fahrt stattfinden konnte, dafür danken wir besonders Stybi, der seit dem
Tod von Dieter Maier, und folglich auch dieses mal, die Fahrtenleitung
übernahm. Die Organisation machte perfekt Heinz Kleemann, und Manfred Strutz
führte uns weg vom Rudern zu den kulturellen Höhenpunkten, die auszulassen eine
Sünde gewesen wären.
Teilnehmer
waren: Fritz
Baier Hans
Reinhart Strehler
Manfred
Strutz Werner
Hannig
Fritz
Schiller Peter
Rotter
Peter Luidhardt Dirk
Johanning
Wolfram
Strehler Dirk
Janthur
Hans
Jürgen Eberhardt Mathias
Kötter
Hobe
Schröder Heinz
Kleemann
Ulrich
Glaser Ralf
Stybalkowski
Der
erste Tag war eine Nacht. Wir fuhren, wie auf diesen Fahrten üblich, abends,
nachdem wir unseren Küchenanhänger beladen
hatten und noch ein Glas Bier im Bootshaus auf das gute
Gelingen unserer Fahrt getrunken hatten, in die Nacht hinein, mit dem Ziel
Torgau. Die Anfahrtsstrecke führte
uns, meist im Regen, über Heilbronn-Nürnberg - Leipzig und im Morgengrauen
nach Torgau. Hier fanden wir nach kurzem Tankstop rasch das Bootshaus und
jemand der uns erwartete. Wir durften in einem Clubraum unser Frühstück bereiten,
und saßen um einen großen Tisch und vor allem im Trockenen. Zuvor hatten wir
unsere Boote „Helene“, „Schwaben II“ und „Staffelsteiger“
im Regen aufgeriggert. Wir fragten uns alle, geht das Regenwetter so weiter?
, in Hamburg wurde Sturmwarnung gegeben!! Gebremst hat uns diese
Frage allerdings nicht. Nach unserem Frühstück, inzwischen war es Samstag, 8.9. 8 Uhr, und Anlegen von wasserfester
Kleidung, waren wir ruderbereit und brachten unsere Boote (bei Flusskilometer
155) zu Wasser. Erstaunlicherweise wurde der Regen weniger, vermischte sich
mit Sonne, so daß wir nach Regen immer wieder trockneten. Mit was wir allerdings
leben mussten, das war ein kräftiger Wind, natürlich von vorn, der uns nur
selten verließ. Ausgeglichen
wurde der Wind allerdings durch eine kräftige Strömung.
Die ist an der Elbe wohl immer vorhanden, war aber durch die Regenfälle noch
verstärkt. Man hatte zunächst das Gefühl man bleibt im Wind fast stehen, aber
der Blick zum Ufer zeigte uns, daß wir recht gut weiterkamen. So kam auch
bald die Mittagsrast nach 30 geruderten km in Sicht. Wir waren an der Fähre
in Pretsch und hatten es mit einer Gierfähre zu tun. Dies erfordert einige
Vorsicht, daß man nicht über das Halteseil rudert, denn das kann gefährlich
werden. Dank Handys lotste uns der Landdienst sicher ans Ufer, direkt neben
die Fähre. Das Fährhaus ist eine gute Gaststätte in der wir gut essen konnten,
guter Laune waren und „Ententeich“ tranken. Auf Essen im Freien
konnten wir bei diesem windigen Wetter getrost verzichten. Das Tagesziel war
der RC Wittenberg, das ich als Nachmittagslanddienst erreichte. Bedingt durch
das schlechte Wetter hatte uns
Heinz hier bereits angemeldet für eine Übernachtung
im Bootshaus. Wir mussten also keine Zelte aufstellen. Mit geringen Erwartungen
kamen wir an und staunten nicht schlecht, hier ein neues „Haus des Sports“
vorzufinden. Da konnten wir allerdings nicht übernachten, es war ein Fest
im Haus und wir mussten uns mit dem alten, aber riesigen Kraftraum mit Ruderbecken
aus DDR-Zeiten begnügen, durften aber die neuen Duschen und WC-Anlagen benutzen.
Hier hatten wir Platz für unsere mobile Küche und konnten uns selbst versorgen.
Wir überlegten uns, hier gleich für 2 Nächte zu bleiben. Wir brauchten Zeit
um unser geplantes Kulturprogramm in und um Wittenberg zu bewältigen
Am
nächsten Tag, Sonntag, dem 9.9.
können wir direkt vor unserem Quartier nach dem Frühstück aufs Wasser
gehen und bei Regen, Wind und
Kälte an Wittenberg vorbei nach Coswig rudern. Unser Landdienst holte uns dann
wieder zurück in unseren Kraftraum zu einem Vesper mit heißem Tee, dank Uli
Glaser mit „Klarem“ verbessert. Das tat gut. Nun durften wir uns landfein
machen und ab ging's nach Wittenberg. Als erstes besichtigten wir die
Schlosskirche, an deren Türe die 95 Thesen von Martin Luther in Bronze gegossen
sind. Als Fremdenführer betätigte sich für uns Mathias Kötter, als ob er das
jeden Tag machen würde. Das nächste Ziel war die mit 2 Türmen versehene
Stadtkirche, in der Martin Luther tätig gewesen ist. Wir bestiegen die Türme
und erlebten von oben einen herrlichen Blick und einen Wind, der nur kurze Zeit
den Aufenthalt im Freien erlaubte. Eindrucksvoll aber kalt. Wieder unten
angekommen, besuchten wir noch das Haus des Reformators Melanchthon, des
engsten Mitarbeiters von Martin Luther. Nun ging es wieder zurück in unseren
Kraftraum. Die einen sofort zum Gulasch mit Reis kochen, die anderen etwas
später nach einem kurzen Cafe-Besuch. Der Gulasch war hervorragend und die
anschließende Diskussion, wo wir die nächste Nacht Unterschlupf finden,
intensiv. Heinz kam vom Handy kaum mehr los. In Anbetracht des Wetters und der
Tatsache, daß wir bisher überall sehr freundlich aufgenommen wurden und immer
jemand Zeit hatte uns zu betreuen, hatten wir auch wenig Lust Zelte aufzubauen.
Montag, 10.9. unsere Boote waren bereits in Coswig, also mussten
wir mit unseren Bussen dorthin fahren. Unser Gepäck nahmen wir mit, die nächste
Übernachtung war beim RC Aken geplant. Zuvor stand aber noch einiges zu
besichtigen an. Direkt fuhren wir zu den Wörlitzer Anlagen. Weltkulturerbe,
angelegt ab 1764, die Besichtigung ein absolutes Muß. Mathias führte uns wieder
mit viel Kenntnis und in Rekordtempo bei gerade noch erträglichem Wetter. Es
gab lediglich einen Zeitverzug, weil wir Uli Glaser fast verloren hätten. Er
musste mal.
Gegen
13 Uhr waren wir an den Booten, die bei Coswig lagen. Schnell in die Boote und
weiter. Bei Wolken, Sonne und starkem Gegenwind, aber wärmer, ruderten wir bis
auf die Höhe von Dessau. Pause. An einem Motorboot Yachthafen holte uns unser
Landdienst zu einer Stärkung aus der Hand an Land. Nun stand uns noch ein
hartes Stück Arbeit bevor. Bei Wind und Wellen, bis an die Grenze des
Möglichen, erreichten wir gegen 18 Uhr den RV Aken. Auch hier wieder Menschen,
die anscheinend nichts anderes zu tun hatten, als uns Gesellschaft zu leisten
und uns ihren gut geheizten Clubraum für unsere Eigenverpflegung zur Verfügung
zu stellen. Es wurde ein gemütlicher Abend, sogar mit einem Flaggentausch.
Dienstag, 11.9. Wir sind noch in Aken. Auf dem Programm steht, um 7,45
Uhr frühstücken, dann Dessau und Bauhaus besichtigen. Also im Clubraum Ofen
heizen und Kaffee kochen. Dann ab in die Busse nach Dessau, das durch das
BAUHAUS und mehr noch im Krieg durch die Junkers Flugzeugwerke bekannt ist. Zuerst besichtigten wir die
Meisterhäuser von Paul Klee und Kandinsky, dann das BAUHAUS selbst
(Schule) und zuletzt noch das
Kornhaus an der Elbe. Die Besichtigung der Stadt Dessau musste ausfallen. Die
Zeit war zu kurz und das Wetter zu schlecht. Deshalb fuhren wir kurz entschlossen
zurück zu unseren Booten am RC Aken. Noch 47 km waren es bis Magdeburg. Dort
waren wir beim MRC angemeldet. Mit einem Zwischenstopp in einem Kanuclub bei
Schönebeck, mit Verpflegung durch den Landdienst, bewältigten wir auch diese
Strecke trotz gewohntem Gegenwind und gelegentlichem Regen, im vorgesehenen
Zeitrahmen. Beim Magdeburger Ruderclub angekommen, durften wir uns in einem
kleinen Clubhaus breit machen und in einer Sauna aufwärmen. Der Flur diente uns
als Aufenthaltsraum und wieder mal, allerdings ein sehr kleiner Kraftraum, als
Schlafraum. Das totale Umräumen dieses Raumes wurde geduldig ertragen. Wieder
einmal hatten wir das Gefühl, daß wir willkommen und nicht nur geduldet waren.
Mitten in dieser Zufriedenheit wurden wir plötzlich mit der rauhen Wirklichkeit
konfrontiert. Irgendeiner schaltete das obligatorische Kraftraumradio ein und
wir erfuhren von den Terroranschlägen in New York. Fernsehbilder und damit die
ganze Tragik bekamen wir erst einen Tag später in einer Gaststätte zu sehen.
Für heute mussten wir weitermachen. Unsere Küchenspezialisten stellten
Geschnetzeltes mit Reis, gekocht am Küchenanhänger, der vor dem Haus im Regen
stand, auf den Tisch.
Mittwoch, 12.9. Nach einer Regennacht ruderten wir bei trockenem und
später sonnigem Wetter von Magdeburg weiter. ca. 65 km standen bis Tangermünde
vor uns. Zunächst kamen wir bis Rogätz, wo uns der Landdienst vor einem neu
erbauten Kanuclub auf edlem Pflaster mit gedeckten Vespertischen empfing. Nun
störte uns keine Besichtigung mehr und wir durften rudern und rudern und rudern
und das bei wenig Wind und phantastischer Mischung aus blauem Himmel mit Wolken
und einer immer weiter werdenden Landschaft. Gegen 18 Uhr erreichten wir den
Tangermünder Ruderclub, der uns beherbergte. Wir erhielten einen großen Raum
zugewiesen, in dem wir uns verpflegen und auch schlafen konnten. Nach dem
Abendessen, es wurde schon dunkel, machten wir noch einen Spaziergang durch
Tangermünde und waren erstaunt, was hier noch alles aus dem Mittelalter
erhalten geblieben ist. Stadttore, Kirchen, Gebäude und eine fast vollständige
Stadtmauer, sehenswert. Nach 2 dunklen Bier in der Gaststätte zur Post kehrten
wir zufrieden und müde in unser Quartier zurück.
Donnerstag, 13.9. Wir haben uns vorgenommen bis Wittenberge zu rudern,
das sind ca. 68 km. Schaffen wir das? Beim aufstehen skeptische Blicke zum
Himmel. Es regnet. Wir verpacken uns wasserdicht, gehen aufs Wasser und rudern.
Was sollten wir auch anderes tun. Nach 34 km erreichen wir die Fähre Räbel und
lassen uns vom Landdienst wieder stärken.
Ein Vesper und 3 ausgeruhte Ruderer gaben wieder Kraft. Inzwischen wurde
das Wetter wieder besser und wir erreichten Wittenberge wenigstens trocken. Den
gesuchten Wassersportverein fanden wir auch noch. Er lag als Zugabe ca. 1 km stromauf
in einem Hafengebiet. Für unsere lange Etappe wurden wir dann durch freundliche
Aufnahme in einem riesigen Bootshaus für Motorboote und Paddelbote entschädigt.
Zum Schlafen konnten wir uns in Gruppen aufteilen. Angestrebt waren
schnarchfreie Räume, was allerdings selten klappt. Ein großer Aufenthaltsraum
mit Küche stand uns auch zur Verfügung. Wir hatten alles was wir brauchten und
nutzten es auch, gleich für 2 Übernachtungen.
Freitag, 14.9. letzter Rudertag. Das Frühstück begann mit einem
Glas Sekt, Fritz Schiller hatte Geburtstag, vielleicht deshalb das gute Wetter.
Am Tag zuvor waren wir ca. 15km weiter gekommen, als geplant war. Aus diesem
Grund hatten wir beschlossen, nicht bloß bis Schnackenburg, sondern bis Dömitz
zu rudern. Das sind ca. 50 km. Wir ruderten zunächst bis zur Fähre bei Lenzen.
Dort sorgte der Landdienst auf einer herrlichen Wiese bei Sonnenschein mit
aufgestellten Tischen und Bänken für ein Vesper, wie wir uns das immer
wünschen. Die Fahrt geht ja zu Ende, da kann das Wetter ruhig besser werden und
diese Rast bleibt sicher in Erinnerung. Der Rest war Routine, -rudern bis
Dömitz,(Flusskilometer 505), dort war bereits der Bootsanhänger am Ufer, an
Land gehen und sofort abriggern und verladen. Dann noch ein Gruppenfoto und ab
ging es, zurück zu unserem Wassersportverein in Wittenberge. Hier wurden sofort
unsere „Köche“ und viele Helfer aktiv und es entstand ein richtiges Festmahl
zum Ausklang der Fahrt.
Gerudert
hatten wir 352 km und konnten zufrieden sein.
Samstag, 15.9. ½ 7 Uhr wecken, frühstücken, aufräumen. ½ 9 Uhr
Abfahrt nach Hause. Die Fahrt verlief reibungslos mit einem kurzen Tank -und
Kaffeestopp an der Raststätte Grossenmoor. Wir hatten es so eilig, daß es sogar
der Polizei aufgefallen ist. Sie stoppte uns kurz vor Heilbronn mit 103 km/h
und fragte uns, warum wir das Gespann nicht auf 100 zulassen würden. Das
bewahrte aber Fritz Schiller nicht vor einem Strafzettel. Gegen ¾ 7 waren wir
wieder zu Hause und räumten sofort alle Boote wieder auf. Die Fahrt war zu Ende
und jeder hat sicher einmalige Erinnerungen mit nach Hause genommen.
Peter Luidhardt