Montag, den 10.09.07

Tiszacsege (km 453,9 l) bis Kisköre (km 404,7)

Ein Lob an dieser Stelle an Fred, der jeden Morgen frühzeitig aufbrach, um Brötchen zu holen! Frühzeitig heißt wirklich frühzeitig, denn an diesem Morgen ließen wir die Boote um 8.30 Uhr zu Wasser - nach Frühstück, Zeltabbau etc.! Der Campingplatz von Tiszacsege befindet sich übrigens direkt neben einer Fähre. Beim Queren von Fährverbindungen sollte man als Ruderer Vorsicht walten lassen, da die Fähren an Stahlseilen geführt werden, die meist unsichtbar im Fluss "schlummern".

   

Die Bauweise der am Ufer sich in der Morgensonne reihenden Wochenendhäuschen war interessant. Sie waren alle auf Pfählen gebaut, was erahnen ließ, wie hoch die Theiß bei Hochwasser steigt. Angesichts der nächtlichen Kälte war es kein Wunder, wenn auf der Weiterfahrt die Energie überkochte und kleine Wasserschlachten abgehalten wurden. Das Ganze gipfelte dann darin, dass in einer der üblichen Stundenpausen das Steuerruder des Schwaben vom Schlagmann des Staffelsteiger ausgehängt wurde (peinlich). (Ganz nebenbei: tags zuvor konnte bereits die Fahne des Schwaben vom Staffelsteiger geklaut werden (oberpeinlich)).

Mittagspause wurde in Tiszafüred eingelegt. Offenbar kostete es unseren Landdienst außerordentliche Anstrengungen, den Besitzer eines Schiffsrestaurants davon zu überzeugen, dass wir direkt neben ihm am Steg anlegen durften und dass man die Biergarnituren auf seiner Wiese aufbauen konnte. Die Weiterfahrt im Boot verlief anschließend durch touristisch vielfältig erschlossene Seenlandschaften. Ein heftig blasender Wind verbunden mit ziemlichem "Seegang" verschaffte jedoch einiges an Abwechslung. In Kisköre wartete die zweite und letzte Schleuse auf uns (km 403,2).

   

Wahrscheinlich noch etwas abwechslungsreicher ging es beim Landdienst zu. Kaum zu glauben aber Wa(h)rzenschwein: Der CP in Kisköre, obwohl ideal gelegen, hatte bereits geschlossen. Das war ein richtiger Tiefschlag! Im Tourismusbüro in Kisköre erfuhren wir jedoch von der wunderbaren Hilfsbereitschaft der Ungarn. Hier wurde hin und her telefoniert. Sogar der Schleusenwärter wurde über die Ankunft der Esslinger Ruderer informiert, so dass ein Schleusen außerhalb der üblichen Zeiten kein Problem dargestellt hätte. Die hierauf folgenden abenteuerlichen Fahrten des Landdienstes, um einen Campingplatz zu finden, sind unvergesslich: Erst ging es (inklusive Bootshänger) auf nur schwer zu findendem Weg direkt über die Schleuse, anschließend auf einem 2 m breiten Deichweg (mit Gegenverkehr!) und sonstigen absoluten Insidersträßchen nach Abádszalóki(ca. 15 km entfernt) zum nächsten angeblich geöffneten Kemping. Der war dooferweise natürlich auch zu. Schließlich ging es unter Ausnutzung des gesamten Hubes der Stoßdämpfer zurück nach Kisköre über eine von Zug und Pkw gemeinsam genutzte Theiß-Brücke á la Stalin. Erfolg bei aller Campingplatzsuche: Null.

Inzwischen hatten die Ruderer die Boote unterhalb der Schleuse auf eine Sandbank gebracht. Der Wachdienst bei der Schleuse hatte freundlicherweise angeboten, während der Nacht auf die Boote aufzupassen.

Es folgte eine schwer verdauliche Fahrt durch die Innereien der ungarischen Puszta einzig mit dem Ziel, möglichst rasch einen Campingplatz zu finden. Mehrere der in den Karten ausgewiesenen Plätze gab es schlicht nicht (mehr).

Ihr wolltet bestimmt immer schon mal wissen, wo das Ende der Welt liegt? Ich sag es Euch: Das Ende liegt bei 47°16'00.0"N 20°27'23.0"E. Der (temporäre) Weltuntergang fand genau um 18 Uhr 34 statt! Der Tiefpunkt der gesamten Fahrt war wohl der, als wir bei Nagy-Irgendwas an der bereits geschlossenen Fähre in der Dämmerung umkehren mussten (Koordinaten s.o.; mit Google Earth leicht zu finden). Der Bootshänger musste abgehängt und auf dem schlammigen Platz gedreht werden. Der ganze hoppelige Weg musste daraufhin auch noch zurückbewältigt werden!

   

Ach ja: wie war das noch mal mit Törökszentmiklós? Nach ungefähr 40 km Fahrt gelangten wir spät abends in diese Stadt - und da war ein geöffneter Campingplatz! Zwar war niemand mehr an der Rezeption, doch gelobt seien die Holländer: "Chein Problem, der Typ kommt morgen wieder, schlacht eure Zelte auf!" sagte das Ebenbild von Rudi Carrell.

   

Nun ging alles zackzack. Zelte aufbauen, kochen, duschen. Zum Abendessen gab's Gulasch, Reis und Salat mit einem "Hauch von Knoblauch". Selbiger war ebenso essentiell an diesem Abend wie Peters Zwetschgenwasser!

Dienstag, den 11.09.07

Kisköre (km 404,7 l) bis Szolnok (km 335,6 l)

Wenigstens etwas Schönes würde dieser Tag bringen: Man müsste sich nicht ewig mit der Suche nach einem dieser nur teilweise existierenden "Kempings" beschäftigen. Denn Törökszentmiklós liegt praktisch unweit von Szolnok, dem nächsten Etappenziel, so dass wir hier 2 Nächte verbringen konnten. Nach einstündiger Fahrt kamen wir wieder in den bekannten Gefilden von Kisköre an; alle Boote lagen unversehrt da.

Die Ruderstrecke von Kisköre bis Szolnok beträgt 69 km; sie zählte somit zu den anspruchsvolleren der Wanderfahrt. Aufgrund dessen wurde eine Einteilung der Strecke in 3 Etappen mit 3 Landdiensten vorgesehen.

   

Das Ruderrevier Theiß - dies sei an dieser Stelle mal erwähnt, bietet nicht gerade allzu viele landschaftliche Höhepunkte (Kommentar H.-R.: "stinklangweilig"). Vom Boot aus sind Pappeln und meist undurchdringlich scheinendes Buschwerk die ständigen Begleiter. Etwas Abwechslung bringen die an den Bäumen oft in seltsamsten Gebilden hochwachsenden Kletterpflanzen. Auffallend und stete Begleiter sind auch irrsinnig viele Angler. Angeblich zählte die Theiß, bis zu der durch den Dammbruch von Baja Mare im Jahre 2000 ausgelösten Cyanid- und Schwermetalleinschwemmung, zu den fischreichsten Gewässern Europas.

Überraschenderweise stellte sich auf dieser Etappe zum ersten Mal Schiffsverkehr ein - eine wirkliche Abwechslung, zumal solche Begegnungen nicht ohne großartiges Gehupe abliefen. Offensichtlich waren es die Herren Kapitäne gewohnt, die Außenkurve zu nehmen. Aufgrund der oben geschilderten Erfahrungen hinsichtlich optimaler Ausnutzung der Strömung gehörte diese jedoch uns; da könnt ihr noch so lange rumhupen, das stört uns überhaupt (fast) gar nicht!

     

Die Mittagspause wurde in Nagykörű eingelegt. An diesem Ort entstand auch unser Gruppenbild. Die Einstellung des Selbstauslösers war, aufgrund des Wackelns des Stegs, jedoch mit einigen Komplikationen verbunden, so dass nach Auslösen des Selbstauslösers mehrere Versuche (oder sollte man nicht besser sagen: "Wegschleichversuche"?) von Seiten der Fotographen nötig waren, bis die Aufnahme endlich im Kasten war.

Von der Sonne war noch nichts zu sehen, trotzdem hatte es der Landdienst geschafft, 3 verschiedene Biersorten - kastenweise wohlgemerkt - zu beschaffen, die zu Wurst- & Käsebrot und dem obligatorischen (granatenmäßig scharfen) Paprikagemüse getestet werden mussten.

   

Auf der Weiterfahrt riss zwar die Wolkendecke auf, doch wurde es gleichzeitig auch recht schwül, so dass immer wieder kleinere Regengüsse aus rasch aufziehenden dunklen Wolken auf uns niedergingen. Gegen 15 Uhr wurde zum zweiten Mal der Landdienst ausgewechselt, so ungefähr nach der Maßgabe: "Diejenigen, die sich besonders aufs Kochen verstehen, müssen jetzt raus, einkaufen und was Gescheites kochen!" (Zitat Fahrtenleiter). Diese 3 waren Wolfram, der dazu auserkoren wurde, seinen berühmten Schweinebraten zu bereiten, Ralf Stürner und ich.

   

Vielleicht eine kleine Anekdote am Rande: Selten habe ich so geschwitzt, wie damals, als ich auf dem Weg von der Theiß nach Törökszentmiklós mit einem der Sprinter und hüpfendem Hänger hinter Wolfram hergefahren bin und plötzlich eine 4-köpfige Polizeistreife am Straßenrand stand, die uns ob des Gescheppers vom Bootshänger hinterher starrte. Ich muss erwähnen, dass ich meinen Führerschein (wie üblich) nicht bei mir hatte, es mir in der Mittagspause jedoch nicht nehmen ließ, alle 3 angebotenen Biersorten durchzuprobieren. Besonders übler Tatbestand war der, dass im Sprinter so ungefähr 5 leere und 2 volle Bierkästen rumstanden - für jeden sofort sichtbar. In der Erwartung, dass nun gleiche eine Verfolgungsjagd á la Midtown Madness beginnt (für jüngere Leser sicher ein Begriff), habe ich auf der folgenden, kilometerlangen geraden Strecke mehr Aufmerksamkeit in den Rückspiegel verschwendet als nach Vorne geschaut.

Die Ruderer legten unterdessen die letzte Etappe des Tages bis Szolnok zurück. Das Herausnehmen der Boote am Steg des Kanuclubs gestaltete sich etwas schwieriger, da doch jeder so seine eigene Meinung hatte, wie die Boote am besten über den sehr schmalen Steg getragen werden müssten. Beeindruckend in Szolnok - wie auch später in Szeged - waren die ungeheuren Schutzdämme gegen das Hochwasser der Theiß. Grob geschätzt mussten die Boote vom Steg aus bestimmt etwa 10 Höhenmeter über Treppen hochgetragen werden, bis man sie auf dem Rasen ablegen konnte (uff!). Die Rückfahrt nach Törökszentmiklós ließ das Herz eines jeden Fotographen höher schlagen, da die Luft völlig klar war und sich der Abendhimmel, bei aufkommenden gewittrigen Schauern ringsherum, in unterschiedlichsten Farbtönen zeigte. Wolfram hatte unterdessen mit der Herrichtung des Bratens ganze Arbeit geleistet. Selbstverständlich gab es als Beilage, neben Nudeln, wieder "eine Schüssel Spezial" á la Kötter, d.h. viel Knoblauch, der geschmacklich mit einigen Salatblättern abgerundet wurde. Wie an jedem Abend blieb vom Essen nicht das geringste Restchen übrig (verfressene Bande).