AH-Wanderfahrt 2014

Unterwegs auf Hamburger Gewässern
Teil 2

Mittwoch, 14. Mai

Für den heutigen Tag stand, nach den ganzen Erlebnissen auf der Alster mit der beeindruckenden Szenerie, ein auf den ersten Blick fast diametral entgegengesetztes Rudererlebnis auf dem Programm. Unter der Regie von Hans-Heinrich Busse sollte vom Biller Ruderclub der Hamburger Süd-Osten aus erkundet werden. Der Biller RC (u.a. Heimatverein von Peter-Michael Kolbe) liegt auf der Billerhuder Insel, umgeben von Kleingartensiedlungen aber auch ausgedehnten Industrieparks und Müllverbrennungs- bzw. Recyclingbetrieben. Den Überblick und die Orientierung zu bewahren, fällt beim Durchfahren der vielen Kanäle seitwärts der Bille schwer. Wechselnde Düfte wehen einem um die Nase. Das Spektrum reicht vom Geruch der Petrochemie über Zimtaldehyd aus einer Firma, die Aromastoffe herstellt bis hin zu Kraftfuttergeruch. Später kommen der Duft von Kaffee sowie andere angenehme Gerüche eines weltbekannten Lebensmittelkonzerns hinzu. Wir steuern dann in Richtung Stadtteil Hammerbrook, der in Richtung Zentrum liegt, fahren hier etliche Kanäle ab, unterqueren schwarze und andersfarbige Brücken! Nach Hans-Heinrich rollt ein Großteil des S-Bahnverkehrs immer noch über eine uralte Brücke; nicht auszudenken, was passiert, wenn diese mal zusammenstürzt. Aber bitte nicht jetzt, wo wir gerade unten durchrudern! Vor einer Tidenschleuse, die zur Elbe führt, machen wir kehrt. Wieder bläst der Wind. Wir nutzen diesen und segeln mit aufgedrehten Blättern (6 kmh) ein gutes Stück zurück Richtung Biller RC, wo ein Vesper und ein Bierchen zur Mittagspause locken.


Die Etappe als PDF aufgezeichnet von Lothar - rote Linie die Etappe am Morgen - Alle weiteren Etappen detailliert im Fotoalbum

Die Nachmittagsetappe von ca. 12 km führt uns dann die Bille aufwärts. Zu Beginn ist von der Bille nur wenig zu bemerken. Wieder führt unser Weg auf breit angelegtem Gewässer durch Industrieanlagen. Später ändert sich jedoch das Bild. Auf den letzten beiden Kilometern fahren wir auf dem jetzt recht schmalen Flüsschen die letzten beiden Kilometer durch viel Naturlandschaft, bis es nicht mehr weiter geht, da ein schmaler Durchlass unter der A1 uns den Weg versperrt. Ein Vierer ist mutig und wagt die Durchfahrt. Auf der anderen Seite ist gerade genug Platz, um eine Wende zuzulassen. Mittlerweile scheint sich das Wetter deutlich zu bessern. Als wir beim Biller RC ankommen, ist es richtig warm geworden und es deutet alles darauf hin, dass uns der Wettergott auch für die kommenden Tage gnädig sein wird.


Wind und Sonne kam auf - und dann kam auch noch Achim eiligen Schrittes ans Boot

Die Luma-Fraktion hatte am Morgen ihre Zelte bei der Dresdenia abbauen müssen. Neues Quartier, welches im Anschluss an die Ausfahrt auf der Bille bezogen wird, ist der RV Wandsbek. Verwirrenderweise liegt der Ruderverein aber nicht im Stadtteil Wandsbek, sondern ganz wo anders, nämlich an der Ausfallstraße Richtung Flughafen in Hamburg-Alsterdorf bzw. nicht allzu weit entfernt vom größten Parkfriedhof der Welt, der im Stadtteil Ohlsdorf liegt. Wir werden herzlich empfangen und dürfen uns in den hellen Räumen großzügig ausbreiten. Der Getränkeschrank ist prall gefüllt mit Gekühltem, so dass wir uns vor dem Abendprogramm noch etwas stärken können.

Es mag hoffentlich entschuldigt werden, wenn über den Abend nur wenige Worte gemacht werden. Wir trafen uns am Hamburger Michel, dem wir einen kurzen Besuch abstatteten. Anschließend begaben wir uns zum Essenfassen auf die andere Straßenseite ins berühmte Lokal "Old Commissioner". Das Ambiente, die besondere Atmosphäre, sogar der Labskaus - zwar gewöhnungsbedürftig, aber genießbar- das war schon etwas Besonderes. Doch waren wir fast froh, als wir aus diesem (bis auf die Kasse) professionell geführten Abfertigungsbetrieb von Touristen aus aller Herren Länder wieder draußen waren.

Donnerstag, 15. Mai

Direkt vom Frühstück ging es in 3 Vierern vom RV Wandsbek weg auf die dort fließende Oberalster. Unter dem Kommando von Hans-Heinrich wurden fast sämtliche Kanäle und Kanälchen, die in diesem Revier liegen, erkundet. Imponierend irgendwie die vielen Villen entlang der Route. Bei vielen Anwesen war spürbar, dass Geld keine Rolle spielte. Allerding in den meisten Fällen nicht unbedingt protzig zur Schau getragen, sondern gepaart mit einem gewissen Understatement. Besonders eindrückliche Punkte sicherlich Winterhuder Kai oder Rondeelteich, dieser umrahmt von Prachtbauten und Luxusappartments.


Vorsicht Sackgasse - bitte wenden

Beim Ablegen vom Eppendorfer Ruderverein passierte es: Der Rollsitz unter Schlagmann Hans-Heinrich verabschiedete sich plötzlich mit zornigem Gequietsche und zerbarst in 2 Stücke. Glück für den Kapitän, dass im Verein ein passender Ersatzsitz aufgetrieben werden konnte. Danach wurde der Isebekkanal bis zum Kaiser-Friedrich-Ufer und zurück befahren. Nach einer kurzen Schleife auf der Außenalster ging es zurück auf die Oberalster und zum RV Wandsbek. Einige machten sich nach der Mittagspause nochmals auf den Weg, um die Oberalster ein Stück aufwärts bis zur Ohlsdorfer Schleuse zu befahren und um Extrakilometer zu sammeln. Andere genossen die Ruhe auf der Wiese des Vereinsgeländes bei einer guten Tasse Kaffee.

In Bezug auf das Abendessen gelang es Hans-Heinrich, für uns einige Tische im Restaurant der RG Hansa zu reservieren. Die Fahrt dorthin wurde uns indes nicht leichtgemacht. Mehrere baustellenbedingte Umleitungen und Einbahnstraßen die zu bestimmten Uhrzeiten umgedreht wurden brachten die Fähigkeiten des Navy an seine Grenzen. Irgendwann schafften wir es aber dann doch noch, die RG in der "Schönen Aussicht"(so heißt die Straße) zu finden. Die Bezeichnung war keinesfalls übertrieben. Der Blick von dem im ersten Stock befindlichen clubeigenen Restaurant über die Außenalster war wirklich unbeschreiblich. Im Licht der Abendsonne und vor der Kulisse der Stadt tummelte sich so ziemlich alles auf dem Wasser, was an Booten hier irgendwie verfügbar war. Zahlreiche Segler, dazwischen zig Ruderboote, ob aktive Trainingsruderer oder Breitensportler. Das Essen war hervorragend. So gestärkt durfte der nächste Tag gerne kommen. Hier war von Seiten der Fahrtenleitung gemeinsam mit Hans-Reinhart Strehler eine Überraschung geplant, nämlich die Befahrung der Krückau und der Elbe unter Nutzung der Gezeiten. Möglich ist diese Tour nur bei guten Witterungsverhältnissen und mit beachtung der Gezeiten. So wie es aussah, würden wir Glück haben. Einziger Wermutstropfen würde sein, dass man um kurz nach 4 Uhr früh aus den Federn musste, um bei abfließender Ebbe Richtung Elbe zu kommen.

Freitag, 16. Mai

Ein bisschen Bruteln darf erlaubt sein, wenn man in aller Herrgottsfrühe und bei tiefer Nacht aus dem Schlaf gerissen wird. Doch der Tag würde uns vollkommen entschädigen. Bereits die Fahrt in der morgendlichen Dämmerung durch das gerade zum Leben erwachende Hamburg und hinaus in Richtung Elmhorn ist eindrücklich. Über dem in einem leichten Dunstschleier liegenden Marschland geht die Sonne auf, Gelegenheit für die Kameramänner, einige Stimmungsbilder zu schließen. Bereits vor 6 Uhr treffen wir beim Elmhorner Ruderclub ein. Es dauert nicht lange, bis auch die Ruderkameraden aus Elmshorn einer nach dem anderen auftauchen. Rasch ist die Bootseinteilung vollzogen. In 3 gedeckten Vierern m. Stm. und einem gedeckten Zweier m. Stm. geht es auf die Krückau. In jedem Boot sitzt ein Kamerad aus Elmshorn als erfahrener Obmann. Mit abfließendem Wasser geht es auf der Krückau genau 10 km bis zum Sperrwerk in die Elbe.


Da die Gezeiten auf uns nicht warten wollten, gaben wir klein bei und standen dieses mal etwas früher auf.

Auf der Etappe kann viel Landschaft und Stille genossen werden. Angeblich verkehrt ins Kronsnest die kleinste Personenfähre Deutschlands. Vor dem Sperrwerk heißt es erst einmal warten, bis die Ampel auf Grün schaltet. Das dauert so lange, dass sogar die Elmshorner etwas ungeduldig werden. Schließlich dürfen wir aber doch passieren. Hinter dem Leuchtturm Pagensand wird die Fahrrinne der Elbe erreicht. Sofort herrschen andere Verhältnisse als bislang. Der Wellengang, obwohl angesichts des guten Wetters noch relativ gemäßigt, zwingt zum Abscheren. Ein Stück weit hinter der Insel Schwarztonnensand wird auf das andere Elbufer zugesteuert, um dann in Ufernähe noch bis Krautsand weiter zu rudern. Dort ziehen wir die Boote auf den Sandstrand und harren nun der Dinge, die da kommen. Fürs Vesper haben wir über eine Stunde Zeit, erst dann wird die Strömung so langsam nachlassen und sich schließlich umkehren. Die Lebensgefährtin von Hans-Heinrich schenkt zur Förderung des allgemeinen Wohlbefindens noch ein Verdauungsschnäpschen aus ihrer litauischen Heimat aus. Während der Pause fahren einige größere und kleinere Brummer, v.a. Containerschiffe, an uns vorbei. Wie bekannt, wird in Hamburg zur Zeit heftig darüber diskutiert, ob die Fahrrinne der Elbe noch tiefer ausgebaggert werden soll, damit auch die ganz großen Schiffe vollbeladen noch durchkommen.


Ein schöner Strand zum verweilen bei Krautsand, vor allem mit "Starka" einem speziellen Kräuterschnaps aus Litauen.

Nach der Rast geht es noch ein Stück weiter elbabwärts bis auf die Höhe der Fährverbindung Glückstadt-Wischhafen. Hier wird dann die Elbe bei Niedrigwasser und vernachlässigbarer Strömung gequert. Nach der Mittagspause in Kollmar hatte sich die Fließrichtung des Wassers umgedreht, so dass am Nachmittag mit aufkommender Flut der Weg zurück nach Elmshorn wieder problemlos bewältigt werden konnte. Auf diese Weise sorgte die Tide dafür, dass die Ruderer den ganzen Tag über meist mit der Strömung fuhren und immer genügend Wasser unterm Kiel hatten. Manfred Strutz fand beim anschließenden Wimpeltausch mit den Elmshornern denn auch die richtigen Worte. So sei dieses minutiöse Ausnutzen der Gezeiten eine völlig neue Erfahrung für die RVE-ler gewesen, die sicherlich allen unvergessen bleiben wird.

   
Brokdorf im Hintergrund, für den Fotografen Erinnerungen an alte Zeiten, danach zum Hafensnack beim Badestrand von Kollmar.

Bei Kaffee und Kuchen ganz großes Lob und ein herzliches Dankeschön an die Frauen der Gastgeber ging der aktive Teil der Wanderfahrt auf der Terrasse des Elmshorner Ruderclubs zu Ende. Nun fehlte noch der übliche Ausklang für den Abend bei gutem Essen und einem ordentlichen Schluck. Nach langem Hin und her entschied man sich, nach Hamburg zurückzufahren, erst einmal zu duschen und sich dann auf die Suche nach einem guten Lokal zu begeben. Dies gestaltete sich etwas schwieriger als gedacht. Dank eingehender Recherche im Internet wurden wir jedoch fündig. Die Eppendorfer Mühle erwies sich als ein wahrer Glücksfall. Der Wirt hatte an diesem Abend sicherlich nicht mehr mit so vielen hungrigen Mäulern gerechnet, doch tat er alles, um uns glücklich zu machen. Ein wirklich sehr schöner, erlebnisreicher und langer Tag neigte sich dem Ende entgegen. Gleichzeitig war es der gelungene Abschluss dieser AH-Wanderfahrt auf Hamburgs Gewässern.

Bericht: Frank Gähr

Bilder und Kommentare: Wolfram Strehler
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