Mit großer Vorfreude konnte ich den Start unserer diesjährigen Wanderruderfahrt nach Brandenburg kaum erwarten. Als Ruderanfänger war ich sehr neugierig auf die landschaftliche Umgebung in Brandenburg und auf schöne Rudererlebnisse mit den Kameraden.
Die Abfahrt war für Sonntag, 17. Mai, 7:30 Uhr terminiert. Bereits am Samstag, dem 16. Mai, zur selben Uhrzeit, war das Verladen der Boote und Ausrüstung vorgesehen - dachte ich! Natürlich war ich auch pünktlich am Samstag um 7:30 Uhr am Vereinsheim - als Einziger! Da hatte ich wohl etwas falsch verstanden. Gegen 9:30 Uhr - ich hatte schon eine gute Stunde im Auto geschlafen - tauchten die ersten Teilnehmer der Wanderruderfahrt zum Verladen auf. Schnell war mir klar, dass ich da in ein eingespieltes Team kam. Ruck-Zuck waren die Boote und die gesamte Ausrüstung sehr fachmännisch zusammengetragen und vorschriftsmäßig auf dem Anhänger verstaut. Kurz nach 11 Uhr stand der Hänger abfahrtbereit auf dem Parkplatz.
Folgende
Ruderkameraden hatten sich zusammengefunden:
Fritz Baier (Fahrtenleiter und Organisator), Lothar Schweizer (als Berichterstatter), Manfred Strutz, Christoph Rieger, Harry Weinbrenner, Peter Rotter, Uli Beh, Wolfram Strehler, Fritz Schiller, Klaus Berkemer, Albrecht Füssenhäuser, Ulrich Glaser und Günter Schroth.
An unserem ersten "Hauptquartier" in Wesenberg-Strasen stießen noch die zwei Ratzeburger Ruderer Horst Köster und Johannes Trelenberg zu uns, so dass wir mit 15 Ruderern und drei Booten (Schwaben 2, Helene Biedenbach, Staffelsteiger) eine schlagkräftige Wanderrudertruppe bildeten.
Im Vorfeld hatte unser Organisator und Fahrtenleiter Fritz Baier schon alle mit der Ankündigung neugierig gemacht, dass wir an einem Tag nicht rudern werden aber trotzdem zu "arbeiten" hätten. Er habe eine Überraschung für uns, auf die wir alle schon sehr neugierig waren.
Jetzt geht's los! Pünktlich um 7:30 fanden sich die Teilnehmer der Wanderruderfahrt beim Vereinsgelände ein. Ein Teilnehmer hatte zwar bei der Abfahrt zu Hause seinen Koffer verloren, seine liebe Frau, die das glücklicherweise bemerkt hatte, hat ihm diesen aber schnell nachgebracht, so dass auch er mit vollständiger Ausrüstung aufbrechen konnte. Um 7:45 Uhr waren wir vollständig abfahrtbereit auf die Fahrzeuge verteilt. Eine geringe Verzögerung ergab sich noch auf Grund dessen, dass einer der Teilnehmer glatt vergessen hatte, sich ordnungsgemäß von seiner Frau zu verabschieden! Die stand nun auf dem Parkplatz und hat sich natürlich völlig zu recht lauthals über den "Stoffel" beklagt, der deshalb kurz das Versäumte nachholte und anschließend schnell wieder zur Abfahrt einstieg.
Wie nicht anders zu erwarten (wenn Engel reisen ...) konnten wir die erste Brotzeit unterwegs in der Sonne genießen. Eine Stunde Stau kurz vor Bitterfeld konnten wir uns mit einem opulenten Kuchenvesper versüßen. Trotz neidischer Blicke von den umstehenden Stauteilnehmern konnten wir uns nicht entschließen, mit diesen zu teilen.
Kurz nach Berlin, bereits im "Endanflug" auf unser Zielgebiet, haben wir einen wichtigen kulturellen Höhepunkt in unser Wanderruderprogramm eingebaut und Schloss Reinsberg im Ruppiner Land besichtigt, in dem Friedrich II. glückliche Jugendjahre verbrachte (so zumindest die Überlieferung). Das Schloss ist wirklich sehr sehenswert, sehr aufwändig restauriert und instand gehalten. Eine Besichtigung ist auch wegen des besonders schön gepflegten Schlossparks zu empfehlen.
Gegen 18 Uhr haben wir unser Tagesziel, das Hotel Zum Löwen in Wesenberg-Strassen, erreicht. Nach Sortierung (Schnarcher / Nicht-Schnarcher) wurden die Zimmer verteilt und bezogen. Der gemütliche Teil des Abends wurde mit einem Willkommenstrunk auf der Terrasse des Hotels begonnen. Während des Abendessens wurde ich als Wanderruderneuling herzlich in der Runde begrüßt.
An unserem ersten Rudertag war vom Fahrtenleiter Fritz Frühstück um 7:30 Uhr - und Abfahrt um 8:30 Uhr "angeordnet". Ich hatte mich für den ersten Vormittag gleich mal freiwillig zum Landdienst gemeldet, um möglichst positiv aufzufallen. Zur Aufstehzeit um 7 Uhr ging gerade ein Landregen der übelsten Sorte nieder. Das mit dem Landdienst schien ja schon gleich ein echter Gewinner für mich gewesen zu sein! Bis wir aber die Boote zur Einsetzstelle gebracht hatten, hat der Regen glücklicherweise aufgehört und das Wetter wurde zunehmend versöhnlicher.
Die Einsetzstelle war am großen Labusee bei km 91,0. Ein hilfsbereiter einheimischer Bürger hat uns dort den Weg zu einem fast idealen Steg gezeigt, an dem wir die Boote komfortabel vorbereiten und einsetzen konnten. Um 10 Uhr wurde offiziell "in See gestochen" und die erste Etappe über Woblitzsee, Kammerkanal, Drewensee, Finnowsee, Wagnitzsee, Großer Priepertsee, Ellenbogensee, Ziernsee, Manowsee bis zum Rastplatz bei Steinförde (bei km 65,6) in Angriff genommen und damit die ersten 25,4 km "abgearbeitet".
Um ca. 14 Uhr konnten wir alle gemeinsam auf dem Rastplatz bei Steinförde ausgiebig vespern. Die Rudertruppe hatte sich das redlich verdient. Als kleines Handicap wurde dabei auf Besteck verzichtet. Das war leider im anderen Fahrzeug verstaut. Eine kleine Rüge an den Landdienst wäre durchaus angemessen gewesen, wurde aber auf Bewährung ausgesetzt. Frisch gestärkt konnte vor der Weiterfahrt noch eine beim Aussteigen versenkte Sonnenbrille eines hier namentlich nicht genannten Ruderkollegen vom Grund der Havel geborgen werden! Der Tag war damit für den Betroffenen auch gerettet.
Die Nachmittagsetappe, bei der ich nun ebenfalls zum Einsatz kam, führte uns über die Schleusen Steinhavel und Fürstenberg weiter über Baalensee, Schwedtsee, Havel, Stolpsee bis nach Himmelpfort zum dortigen Campingplatz (km 54,0). Damit hatten wir am Nachmittag bis kurz nach 17 Uhr insgesamt weitere 11,6 km zurückgelegt. Die Boote wurden am Campingplatz auf Land gelegt und zur Belohnung für den schönen Nachmittag gab's 15 Berliner Kindl zur Linderung des schlimmsten Dursts.
Am Abend hatten wir bereits mit unserem Gastwirt Grillen auf der Hotelterasse vereinbart. Es gab Salatbuffet, Fleisch und Würste zum Einheitspreis von 10 Euro pro Person. Das Essen war wirklich gut und reichlich. Der Preis dafür war sensationell. Da werd ich mal wieder hinreisen.
Schon am Vorabend hatte unser Fritz das Geheimnis um das heutige Tagesprogramm (Überraschung war angekündigt) gelüftet: Er hatte eine 28 km lange Draisinentour geplant. So fuhren wir bei herrlich sonnigem Wetter nach dem Frühstück, wie üblich 7:30 Uhr, zum Draisinenbahnhof nach Fürstenberg/Havel.
Als ausgewiesene Naturtalente bedurften wir natürlich nur einer kurzen Einweisung und schon waren unser Reiseproviant und wir selbst auf den Draisinen verladen und starteten auf die 28 km lange Bahnstrecke. Bei hoher Fahrtgeschwindigkeit - wir erreichten unser Endziel bereits um kurz nach 13 Uhr - waren wir doch froh, dass kein ICE oder ähnlicher Schnellzug von hinten nahte. Sicherlich hätten wir durchaus noch zusätzlich beschleunigen können, mit dem ICE hätten wir aber möglicherweise nicht mitgehalten.
Im Gegensatz zur Bahn waren wir mit unseren Draisinen überpünktlich am Zielbahnhof in Templin. Dort haben wir die Stadt, die "Perle der Uckermark", umfassend besichtigt. Auch das Anwesen von Erhard Engel wurde von uns begutachtet. Besonders beeindruckt waren wir von der Stadtmauer in Templin, die wir einige hundert Meter weit besichtigt haben. Ein kleiner Seehafen und schöne historische Gebäude geben dem Ort ein nettes Flair. Das Städtchen hat uns gut gefallen und lohnt einen Besuch.
Abends in unserem Hotel zurück trafen wir eine Rudergruppe der Hamburger Alemannen. Auf der Hotelterrasse haben sie sich zunächst noch ganz normal benommen. Zum Abendessen aber, haben uns die Alemannen gewaltig beeindruckt. Die hatten sich zwischenzeitlich auf ihren Zimmern umgezogen und sind mit piekfeinen Blazern mit Krawatte oder Fliege angetreten. Tief beeindruckt haben wir sofort darüber nachgedacht, wie wir möglicherweise kontern könnten.
Wir brachten unseren Laptop mit Funkfernverbindung und allen möglichen sonstigen Schikanen auf unserem Tisch in Stellung, um uns schon einmal aus der Satellitenperspektive unseren nächsten Vesperplatz am Folgetag anzuschauen. Das hat offensichtlich auch die Hamburger "Blazerfraktion" gewaltig beeindruckt und so konnten wir an diesem Abend zumindest ein Remis gegen die Alemannen erringen.