Fritz
hat wieder einmal gnadenlos Aufstehen um 7 Uhr und Frühstück um 7:30 Uhr angeordnet.
Wie nicht anders zu erwarten, standen wir auch alle pünktlich nach üppigem
Frühstück aus dem Hotel ausgecheckt abmarschbereit an den Fahrzeugen um zu
unseren Booten am Campingplatz aufzubrechen.
Dort wurde nicht lange gefackelt, alle Boote ruck-zuck zu Wasser gebracht
und abgelegt. Wir hatten heute eine schöne Tour mit gut 38 km Länge geplant.
Gerudert wurden am Vormittag vom Campingplatz am Stolpsee über die Havel durch
die Schleusen Bredereiche, Regow, Zaaren bis zur Schleuse Schorfheide bei
km 32,6 insgesamt 21,9 km.
Es war traumhaftes Ruderwetter, größtenteils schön sonnig, zwischendurch aber auch immer wieder abgeschattet, so dass wir nicht allzu sehr auf dem Wasser "braten" mussten. Unser Landdienst war pünktlich an der Schleuse Schorfheide, die wir uns am Vorabend schon über Satellit angeschaut hatten. Was wir leider übersehen hatten war, das dieses ganze Gebitet militärisch genutzt wurde, die Strassen die man in GoogleMaps sehen konnte also eher für Panzer ausgelegt waren. Gut gestärkt wurde nach dem Vesper die letzte Etappe des Tages in Angriff nehmen konnten, die uns über weitere 16,6 km über die Havel bis zur Schleuse Zehdenick führen sollte.
Gerade
passend zur Kaffeezeit hat die Besatzung unseres Führungsbootes einen
Biergarten am Ufer ausgemacht, dessen Anblick uns zu einem Zwischenstopp geradezu
genötigt hat. Die
wirklich nette Bedienung hat messerscharf festgestellt, dass bei uns wohl
"alle Glieder steif seien, nur eines nicht!" Das war schon hammerhart,
wie die uns das so einfach locker hingeklatscht hat. Wir nahmen es mit Humor
und haben ausnahmsweise einmal nicht widersprochen.
Nachdem wir uns diverse Gerstensaftgetränke, Kaffee, Erdbeertorte, Rhabarber-Eis
und anderes Köstliches genehmigt hatten, machten wir uns frohen Mutes
auf die letzten Kilometer, an deren Ende wir kurz vor 17 Uhr an der Marina
in Zehdenick unsere Boote anlegten und diese dort auch im Wasser übernachten
ließen.
Nach dem Abendessen im Innenhof unseres Hotels in Zehdenick genehmigten wir uns auf Kosten des Hotels eine erste Runde Kümmerling. Da wir anschließend wegen fehlendem Rechenschieber nicht ausrechnen konnten, wie viele Fläschchen des edlen Getränkes es zur Bildung eines Vollkreises bedurfte, mussten noch drei weitere Runden geordert werden. Den Vollkreis mit den leeren Fläschchen haben wir dann hinbekommen. Damit war der praktische Nachweis gelungen, dass 60 Fläschchen Kümmerling zur Bildung eines Vollkreises ausreichen.
Insgesamt hatten wir gemeinsam einen lustigen Abend mit nur einem kleinen Wermutstropfen: Werder Bremen hat im Europapokal 2:1 gegen die Ukrainer verloren! Wir haben uns deshalb die gute Laune trotzdem nicht verderben lassen.
Wie gehabt, 7:30 Uhr Frühstück und 8:30 Abmarsch zu den Booten in der Marina Zehdenick. Punkt 9 Uhr konnten wir ablegen und gleich zu Beginn der Tagesetappe die Schleuse mit 6 Metern Hub durchfahren. Das hat schon erheblich Zeit in Anspruch genommen, so dass wir erst so gegen 9:30 Uhr auf freier Strecke durchstarten konnten.
Ich war diesmal im Zweier mit Steuermann unterwegs. Wir waren nicht die Allerschnellsten. Ein besonderes Erfolgserlebnis hatten wir aber letztendlich doch: Wir wurden wieder einmal kurz vor einer scharfen Abbiegung in den Oder-Havelkanal bei km 44 eingeholt. Boot Helene Biedenbach drehte auf und ging mit sehr hoher Schlagzahl backbord an uns vorbei. Nachdem uns die Herren Rennruderer passiert hatten, gingen wir aber schon mal lässig frühzeitig in die Linkskurve, nahmen diese mit Überziehen auf Steuerbordseite bravourös und konnten zuschauen, wie die Helene Biedenbach den Powerslide nicht ganz schaffte und nur durch abruptes Bremsmanöver in der Lage war, ein Einrammen am Ufer zu vermeiden. Gute Bremsen hatten die Jungs schon - glücklicherweise. Wir zogen nach diesem völlig missglückten Überholversuch natürlich locker leicht vorbei und fielen vor Schadenfreude fast aus unserem Boot. Ich nenne hier keine Namen. Die Betroffenen wissen selbst, wer da so abrupt den Anker werfen musste!
Um
kurz vor 14 Uhr haben wir am vereinbarten "Anleger Biergarten" an
der Einfahrt zum Finow-Kanal bei km 50,4 die Boote verlassen und es uns mit
leckeren Würsten und Bratkartoffeln mit Speck gut gehen lassen.
Nach der Weiterfahrt hat uns leider doch noch ein Regenschauer erwischt. Besonders
nass geworden sind wir während der Wartezeit in der Schleuse Ruhlsdorf bei
km 59,3, wo wir wegen Kanuten sehr lange auf die Schleusung warten mussten.
Na ja, so sind halt die Kanuten :-).
Landschaftlich
war die heutige Etappe größtenteils traumhaft schön. Einzig die Durchfahrt
durch den Oder-Havelkanal konnte diesbezüglich nicht vollständig überzeugen.
Die Strecke verlief ca. 10 km schnurgerade, so dass wir in unserem Zweier
mit Steuermann unsere überlegene Kurventechnik (siehe Beschreibung oben) nicht
mehr ausspielen konnten.
Unser
Etappenziel an diesem Tag erreichten wir nach 32,4 km bei der Schleuse Leesenbrücke
bei km 61,1. Dort konnten wir auch unsere Boote über Nacht lagern.
Für diesen Tag waren lediglich 16,8 km Strecke geplant. Dafür standen insgesamt sieben Schleusen auf der Tourplanung. Los ging es bei km 61,1, auf der Strecke durch die Schleusen Grafenbrück, Schöpfurth, Heegermühle, Wolfswinkel, Drahthammer, Kupferhammer bis zur Schleuse Eberswalde bei km 77,9. Auf dieser Tagesetappe hat sich anstelle der Bezeichnung Wanderruderfahrt der Begriff Wanderschleusenfahrt durchgesetzt.
Gleich vom Start bei der Leesenbrücker Schleuse habe ich von unserem Landdienst zu berichten. Mein Zimmerkamerad (Name nenne ich hier nicht) hatte den Autoschlüssel in den Hosenbund gesteckt. Als der für die Abfahrt benötigt wurde, war er aber nicht mehr da. Erste Panikattacken haben sich bei dem Betroffenen bereits angekündigt (es wäre auch kein Ersatzschlüssel verfügbar gewesen). Nach akribischer Durchsuchung des Geländes fiel ein "Mordsgeschwür" an der Wade meines Zimmerkameraden auf. Der Schlüssel war tatsächlich das Hosenbein entlang nach unten gerutscht und hatte sich auf Höhe der Wade festgesetzt. Glücklicherweise blieb der Flüchtling nicht unentdeckt, so dass auf ein Aufbrechen unseres Mannschaftsbusses verzichtet werden konnte!
Wir waren fast bis 18 Uhr auf dem Wasser unterwegs, obwohl wir - um Zeit zu sparen - unser obligatorisches Mittagsvesper im Boot zu uns genommen haben. Unser Landdienst hat an diesem Tag für alle innerhalb allerkürzester Zeit je ein Lunchpaket bestehend aus zwei belegten Broten gezaubert. Ganz großes Lob an die beiden Ruderkameraden und noch nachträglich ein dreifaches Hip Hip Hurra! Das war wirklich spitze!
In den Schleusen hatten wir an diesem Tag ausgiebig Zeit, uns die Wände von innen zu betrachten. Dabei stellten wir eine besondere Spezies von Muscheln fest. Wenn denen das Wasser beim Ablassen der Schleuse entzogen wird, sind die richtig sauer und spucken einem in hohem Bogen das letzte eingesaugte Wasser entgegen. Wir wurden dabei häufig getroffen. Das sieht lustig aus und hat sicherlich einen wichtigen Grund. Dem bin ich aber noch nicht nachgegangen. Müsste man mal im Internet recherchieren.
Ein Ruderkollege hat sich entschlossen, ab sofort keine Anrufe mehr auf seinem Handy entgegenzunehmen und stattdessen die Fische in der Schleuse damit telefonieren zu lassen. Die haben das versenkte Handy auch nicht mehr zurückgegeben!
Nur vom Hörensagen kann ich berichten, dass wohl unterwegs einem "erfahrenen Ruderkollegen" der Rolladen runtergefallen war (er war am Steuer eingeschlafen !). Die Ruderkollegen haben das Boot glatt ins Schilf gezogen und hatten alle Mühe, sich möglichst unauffällig wieder daraus zu befreien.
Im übrigen hat uns in der vorletzten Schleuse der Regen erwischt. Wir waren gerade völlig wehrlos ausgeliefert, als uns ein mächtiger Schauer von oben ordentlich "erfrischte". Glücklicherweise war es anschließend schnell wieder sonnig und wir waren schon kurze Zeit danach wieder trocken. Es hätte uns schlechter treffen können. Nicht allzu weit entfernt tobten schlimme Unwetter und richteten mächtigen Schaden an.
Die schönen Wanderrudertage sind gezählt! Es ist unser letzter Rudertag. Als Höhepunkt steht die Überwindung von 36 Höhenmetern im Schiffshebewerk Niederfinow an. Geplant hat unser Fritz für diesen Tag insgesamt 35,4 Streckenkilometer. Die haben wir auch locker geschafft. Eine kleine Mannschaft hat sogar noch 10 km draufgegeben.
Bereits nach knapp 12 km haben wir über den Oder-Havel-Kanal das Schiffshebewerk erreicht. Ein mächtiges Stahlgerüst mit vielen Verstrebungen, sicherlich tausenden von Nieten und einer Art überdimensionierter Badewanne lag hier vor uns. Nach kurzer Wartezeit konnten wir in das Hebewerk einfahren und waren schon sehr gespannt, wie sich das Anheben um 36 Meter wohl anfühlen würde. Die Hebezeit beträgt ca. 20 Minuten und oben angekommen hat man einen beeindruckenden Rundumblick über die Gegend. Der Besuch des Hebewerks lohnt sich auf alle Fälle und ist unbedingt zu empfehlen.
Kurz danach haben wir uns entschlossen, Rast zu machen und uns die alten 3-stufigen Schleusen neben dem Hebewerk anzuschauen. Diese sind nicht mehr in Betrieb und die Natur kann sich hier viel zurückerobern. Sehr sehenswert und unser nicht ganz legales Betreten des Schleusengeländes hat sich wirklich gelohnt, besonders für viele Fotos von vor sich hin rostenden Zahnrädern.
Ich hatte mich für den Nachmittag freiwillig zum Landdienst gemeldet. Die Ruderer sollten noch bis zum Kanuverein Eberswalde weiterrudern, wo der Landdienst schon nach einer geeigneten Ausstiegsstelle Ausschau halten sollte.
Gegen 14 Uhr waren die Boote beim Kanuverein ca. bei km 70,5 angekommen. Dort wurden sie aus dem Wasser genommen, abgeriggert und für die Heimreise verladen.
Bei der Rückfahrt zum Hotel zeichnete sich bereits ab, dass unser VfB Stuttgart dieses Jahr wohl eher nicht Deutscher Meister wird, was uns die Laune aber nicht verdarb.
Wir freuten uns auf die Besichtigung des Klosters Chorin. Dort haben wir uns am Spätnachmittag noch einige Zeit aufgehalten, um uns auch kulturell noch etwas zu gönnen (hat sich gelohnt).
Sonntag, 24.5.2009
Unser Fritz hat am Vorabend Abfahrt bereits um 8 Uhr - mit oder ohne Frühstück - angeordnet. So haben wir uns alle beeilt, um uns noch rechtzeitig vorher mit einem ordentlichen Frühstück zu stärken.
Schon um 9:30 Uhr konnten wir unsere Ratzeburger Ruderkameraden und Wolfram in Berlin am Hauptbahnhof absetzten.
Anschließend übernahm Günter kurzfristig die Navigation, um aus Berlin herauszukommen. Nicht ganz beabsichtigt sind wir dabei in die Villengegend in Berlin-Grunewald geraten, wo wir mit unserem langen Bootsanhänger ein doch eher ungewöhnliches Bild einer Besichtigungstour abgegeben haben.
Danach gelang die weitere Heimfahrt aber gut mit nur wenigen Verkehrsstörungen, so dass wir um ca. 19 Uhr überpünktlich beim RVE-Vereinsgelände eingetroffen sind.
Nachdem dort nochmals alle gemeinsam kräftig zugelangt haben, waren die Boote und der Hänger schnell abgeladen und versorgt.
Als Neuling in der Runde habe ich mich sehr über die nette und herzliche Aufnahme gefreut und die Tage sehr genossen. Vielen Dank an dieser Stelle nochmals an alle Ruderkameraden, mit denen ich so kurzweilige, lustige und interessante Rudertage verbringen konnte. Wenn Ihr mich wieder mitnehmt, bin ich im nächsten Jahr gerne wieder mit dabei.
Vielen Dank auch unserem Fritz für die tolle und perfekte Organisation der Ruderfahrt. Lieber Fritz, da hast Du schon einen sehr hohen Standard gesetzt!
Lothar Schweizer