Sonntag 07.09.08: Týn-Velky Vir = 49,3 km

Lese meine Tagebucheintragungen vom Vortag. Stelle dabei fest, dass ich bereits wieder in Schwafeln gekommen bin. Fasse also den Entschluss, mich heute kürzer zu fassen - fällt mir auch nicht schwer, da ich mit Landdienst beginne.

Einsetzen der Boote in Týn linke Flussseite bei 49°13'29.7"N 14°24'42.0"E, nicht ganz unproblematisch, aber es funktioniert. Kurz vor Ablegen wird bemerkt, dass der Umsetzwagen noch am Campingplatz verblieben ist. Bin angesichts der erregten Gemüter froh, dass ich wenigstens dafür mal nicht verantwortlich bin, erkläre mich aber bereit, denselbigen rasch zu holen.

   

Endlich sind sie fort! Und das ohne Gruß an den Landdienst!!!

Bernhard sitzt im Sprinter neben mir, studiert eifrig die Karte. Landdienst kann richtig Spaß machen. Vor allem, weil unsere beiden Kollegen im Führungsfahrzeug an fast jeder Abzweigung falsch abbiegen und Bernhard neben mir dabei fast einen Herzkasper bekommt. Könnte mich wegschmeißen vor Lachen. Zum Glück führen in dieser armseligen Landschaft fast alle Wege ans Ziel. Erstes Grobziel heißt Tabor. Pech nur, dass es 2 Tabors gibt. Nach kleinem, kaum nennenswertem Umweg gelangen wir doch noch zu unserem eigentlichen Ziel: Podolsko. Vorgesehener Landeplatz der Boote kurz hinter der Brücke auf der rechten Seite des Flusses. Hier gibt es Bänke und Tische, gerade als wären sie für uns hergerichtet. - Warum müssen die eigentlich immer so viel futtern? Die Boote kaum "vertäut", wird reingeschoben, was geht.

   

Ich darf nun auch mal wieder die Skulls malträtieren. Weiterfahrt am Nachmittag im Faifegrädler mit Frank M. als Schlagmann; es läuft "wie d'Sau" auf der aufgestauten Moldau. Erinnere mich vage an meinen Musikunterricht im Schelztorgymnasium und Smetana's Moldau. Demnach sollte hier wesentlich mehr Strömung sein - ist aber nicht so, weil aufgestaut. Es fängt an, zu regnen. Kommen an Burg Zvikow und später an dem beeindruckenden Schloss Orlik vorbei. Frank M. verlangt noch mal alles von seiner Mannschaft und fordert 20 Schläge volle Pulle; es waren letztlich wohl 40 - und kein Olympiavierer wäre an uns vorbeigekommen.

   

Ca. 17 Uhr: Ankunft auf Campingplatz Cesky Ŝonschtnóchwaŝ (49°31'35.0"N 14°09'25.1"E). Landdienst hat alles prima vorbereitet: Sämtliche Zelte stehen bereits, es muss nur noch geduscht und gekocht werden. Zur Abwechslung gibt's heute mal was ganz Besonderes, für eine Wanderfahrt bis dato einmalig: Linsen und Spätzle - schnellkochende Spätzle wohlgemerkt. Schmeckt aber deutlich besser, als dieser seltsame überbackene Camembert vom Vortag. Wir sind einfach gut als Selbstversorger; schlagen jede Hausfrau!

Montag, 08.09.08: Velky Vir - Nova Zivohost = 52,0 km

Und wieder sind wir unterwegs, volle Pulle auf dem Stausee. Bin noch etwas ramdösig wegen des späten Zapfenstreichs vom Vorabend. Es sind ca. 10 km bis zur Staumauer, genau die richtige Strecke zum Einrundern. Heinz K. sitzt vor mit und hat offensichtlich Schwierigkeiten, die Paddel richtig einzusetzen. Dachte immer, nur mir könnte so was passieren, die Skulls falschrum in die Dollen einzulegen.

   

Wir sind an der Staumauer des Orlik-Stausees. Eine riesige Höhendifferenz erwartet uns (ca. 90m), die mit einem Schrägaufzug bewältigt werden muss. Einzigartiges Erlebnis: Einfahren im Boot auf ein "Gitter", Hochheben des Bootes, aussteigen und dann Genießen der Fahrt im Aufzug rauf und auf der anderen Seite ganz weit runter. Es wird fleißig fotografiert und gefilmt.

   

Dachte eigentlich, dass die Moldau nach dieser überstandenen "Mauer" nun endlich mal schnell dahinströmt, ist aber nicht so. Der Fluss mäandriert zwischen steilen Felsen relativ träge dahin, so dass Ruderarbeit durchaus gefordert ist. Heinz ist gut drauf; trällert angesichts dieser grandiosen Kulisse, quasi als Troubadix, frisch drauf los und hämmert uns seine Version von Smetanas "Moldau" in die Ohren. Wunderschönes Rudern in eng eingeschnittenem Tal.

   

Zur Mittagszeit erreichen wir Kamyk nad Vltavou. Hier erwartet uns eine Schleuse mit ziemlich großem Hub (ca. 16 m). Irgendwie scheint alles etwas unorganisierter zu sein in diesem schönen Tschechien als am Neckar. Keine Ahnung wann und ob wir in nächster Zeit überhaupt schleusen dürfen. Irgendeine Reparatur wird derzeit an der Schleuse durchgeführt. Plötzlich geht alles aber doch sehr schnell; wir dürfen in die Schleuse einfahren. - "Guck i nomm, guck i romm, scho ben i em Unterwasser!.-" Dem Schleusenwärter, ein böhmischer Herzensmensch, wurde mit einem 3-fach Hipphipphurra gedankt.

[Während ich dies nun mühevoll zu Papier gebracht habe, ist mittlerweile der Beitrag von Manfred auf der Homepage des RVE eingestellt worden. Warum mach ich mir überhaupt die Mühe, meinen Senf herzuleiern, wenn jemand anders so einen hervorragenden Bericht geschrieben hat? - Die E-mail von unserem Webmaster ist jedoch unmissverständlich: He Frank, deine Sportkameraden warten sehnlichst auf deinen Senf! - Also muss ich wohl dran glauben] Und weiter geht's:

   

Im Faifegrädler rasen wir förmlich die Moldau hinab; es mäandriert immer noch. Da die anderen Boote im Rückspiegel nicht mehr sichtbar sind, genehmigen wir uns eines der guten Budweiser, die vorsorglich an Bord verstaut sind. Wir sind richtig gut drauf. Endstation für heute ist Zivohost. Kommen Richtung Ziel. Wolfram (unser mich neuerdings nervender RVE-Webmaster, s.o.), hat Landdienst und fuchtelt mit nicht zu interpretierenden Einweisungszeichen am Ufer rum. Wir schaffen es aber trotzdem, den richtigen Landeplatz zu finden. Wiederum Lob für den Landdienst: Alle Zelte stehen schon - und das auf einem nicht mehr geöffneten Campingplatz! Duschen geht nicht, daher Abschwemmen der sich gebildeten Salzkruste durch ein Bad in der sehr breiten Moldau - manche auch nackt.

   

Hinterher ganz klasse: Einzige Kneipe des kleinen Kaffs in Beschlag genommen. Läuft alles wie am Schnürchen. Es gibt Gulasch mit böhmischen Knödeln. Der Wirt zeigt uns Bilder von einem Drachenbootrennen, an dem er mal teilgenommen hat; Er vergisst nie, rechtzeitig nachzufragen, ob man nicht noch einen Nachschlag braucht oder ob man nicht vielleicht doch noch etwas Durst hat.

Dienstag, 09.09.08: Nova Z. - Prag (Ruderinsel) = 47,1 km

Renne gleich morgens aus dem Zelt, um Matthias zum Geburtstag zu gratulieren. Der bekommt leider die Hand nicht hoch, um "entgegenzuschütteln". Denke, der will mich wohl verarschen; ist aber nicht so: Irgendwas stimmt nicht bzgl. der Motorik - gar nicht lustig.

Heute hab ich Landdienst. Fahre also mit Ralf über Berg und Tal zur Staumauer des Slapy-Stausees, wohin die Ruderer bereits unterwegs sind. Manfred und Johannes (ebenfalls Landdienst) schütteln zusammen mit uns verzweifelt die Köpfe, da wir bis jetzt absolut keine Ahnung haben, wo die Ruderer hier umsetzen könnten. Geht aber trotzdem: Boote oberhalb des Damms links rausnehmen, auf den Hänger laden und unterhalb von Trebenice wieder einsetzen. Die Ruderer erleben auf ihrer Weiterfahrt dann die Schleuse von Stechovice.

   

Bin immer noch Landdienst. Macht Spaß; Kaufe zusammen mit Ralf in Slapy den halben Laden leer! Bin noch nie zuvor in meinem Leben in einem einfachen "Konsum" so zuvorkommend bedient worden. -

Ort des Geschehens: Davle, Mittagspause. Schon lange nicht mehr so geärgert. Wo sind denn jetzt bloß meine lieben Landdienst-Copiloten? Ich blick es einfach nicht. Da hab ich den besten Landeplatz im Umkreis von 10 Meilen gefunden und die Kerls fahren einfach weiter und lassen mich hier sitzen! Laufe hin und her, bestimmt mehr als ich heute noch rudern darf - und finde niemanden mehr. Mein Entschluss also: Bei der nächsten Wanderfahrt nehm ich ein Handy mit! Der von mir auserkorene Landeplatz für die Ruderer scheint doch eine gewisse Attraktivität zu besitzen: Meine Landdienstkollegen finden sich nach geraumer Zeit ebenfalls an diesem beschaulichen Fleckchen ein . Ebenso die Ruderer. Mittagsrast auf einem kleinen Rasenplätzchen.

  

Nun geht's also raus aus diesem engen Moldautal, von Davle bis Prag an diesem Nachmittag! - Wir verlassen so langsam die beschauliche und heimelige böhmische Landschaft und nähern uns der Metropole Prag. An der Schleuse Vraná liegen wir ewig, bis wir endlich das Signal zum Einfahren erhalten. Gleichzeitig mit uns darf ein etwas "ausgeflipptes" Pärchen auf selbstgebasteltem Floß samt Hund einfahren.

    

Die Luft wird immer dumpfer. Kommen zur nächsten Scheuse bei km 62. Manche Tschechen sind ja recht liebenswerte Menschen, so auch der Kapitän von diesem Ausflugsschiff, das zeitgleich mit uns in die Schleuse Modrany einfährt. Der winkt uns kräftig zu, wir sollten doch gefälligst, ohne zu zögern, sofort hinter ihm einfahren.-

Hätte nie gedacht, dass es ein Gewässer gibt, auf dem mehr Ruderer unterwegs sind, als auf dem RVE-Revier. Werde jedoch eines Besseren belehrt, da nach der o.g. Schleuse quasi die Trainingsstrecke von Blesk Prag beginnt. Das heißt, es tummeln sich zig Rudersportler auf der Moldau, z.T. einzig darum, um zu beweisen, dass sie schneller sind als wir.

   

Kommen gegen 18.30 Uhr beim Ruderverein Blesk Prag an. Endlich darf man mal wieder kochen; heute gibt's was Leckeres Jungs! Wieder gibt das Bocuse-Dreamteam sein Bestes mit Geschnetzeltem und Reis, alles scharf gewürzt - nicht zu vergessen der Knoblauch, der bei keinem Essen fehlen darf. Nebenbei kurze Etappenplanung der Fahrtenleitung für den nächsten Tag. Resultat: Vormittags rudern, nachmittags Stadtbesichtigung.

   

Komme irgendwann auch noch zum Duschen. Kleine Schikane ist jedoch beim Gang zum Duschen auch hier eingebaut: Vor Erreichen der Treppe zum Eingang ins Rudercenter ist ein kleiner Durchgang mit etwa 1,80 m Höhe zu durchqueren, im Dunkeln kein leichter Akt. Mit meinen 1,90 kann ich meinen Kopf in letzter Hundertstelsekunde gerade noch runterreißen, um einen gravierenden Profilschaden zu vermeiden. Wieder wird es ziemlich spät. Im Schnarcherzelt sind die Sägen bereits voll am Dröhnen. H.-R. ist jedenfalls nicht dafür verantwortlich; der hat seit Kurzem "so a neimodischs" Antischnarch-Beatmungsgerät. Funktioniert aber offensichtlich nur richtig gut, wenn's "Neckerwerk" genügend Strom schickt.!!

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